Ein "Stöpsel" im Herzohr beugt Schlaganfällen vor

Der „Stöpsel“ verschließt den Übergang von Herzohr und linken Vorhof des Herzens. Blutgerinnsel können so nicht in den Blutkreislauf eindringen. Foto: AGA Medical<br>

Vorhofflimmern ist die am häufigsten auftretende Herzrhythmusstörung. Allein in Deutschland sind rund 340.000 Menschen betroffen. Durch das Flimmern der Vorhöfe kommt der Blutfluss im Herzen teilweise zum Erliegen.

Die Folge: Es besteht die Gefahr von Blutgerinnsel vor allem im Herzohr, die zu einem Schlaganfall führen können. Das Risiko einen Schlaganfall zu bekommen, ist bei Patienten mit Vorhofflimmern fünffach höher. Um dem vorzubeugen, werden meist starke Blutverdünnungsmittel eingesetzt. Bei einigen Patienten kommt es jedoch zu unkontrollierbaren Blutungen, wenn sie diese Medikamente nicht gut vertragen.

Die Kardiologen des Herzzentrums der Universitätsmedizin Göttingen arbeiten seit über einem Jahr mit einem neuen Operationsverfahren, das das Schlaganfallrisiko in gleichem Maße senkt wie die Gabe von Blutverdünnern. Mit einer Art „Stöpsel“ wird das Herzohr verschlossen, in dem sich die lebensbedrohlichen Blutgerinnsel meistens bilden. 20 Patienten wurden bisher mit diesem neuen Katheterverfahren am Herzzentrum Göttingen behandelt.

Herzohr verschließen
Das Herzohr ist eine sackartige Ausstülpung des linken Herzvorhofes. Ein Stöpsel verschließt den Übergang vom Herzohr zum linken Vorhof des Herzens. Dies verhindert, dass Blutgerinnsel in den Blutkreislauf gelangen und schlimmstenfalls im Gehirn zu einem Schlaganfall führen. Das Implantat besteht aus einem Netzwerk flexibler, aber formstabiler Nitinol-Drähte. Mit einem Herzkatheter wird das Implantat zusammengefalt über die Venen bis zur Mündung des Herzohres vorgeschoben. Tritt das Drahtgeflecht aus dem Katheter aus, öffnet es sich selbstständig. Wenn der „Stöpsel“ sicher in der Herzohrwand verankert ist, verschließt es übergangslos die Öffnung des Herzohres zum linken Vorhof. „Das Implantat ist sehr beweglich und kann solange positioniert werden, bis es den besten Sitz hat. Die Einnahme von starken Blutverdünnern ist anschließend überflüssig“, sagt Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Schillinger, leitender Oberarzt der Abteilung Kardiologie und Pneumologie und Leiter des Herzkatheterlabors der Universitätsmedizin Göttingen.

Der Eingriff mittels Herzkatheter ist minimal invasiv und dadurch schonend für die Patienten. Die Methode findet ohne Narkose am schlagenden Herzen statt. Nach meist nur ein bis zwei Tagen kann der Patient nach Hause entlassen werden. Der Eingriff wird seit August 2009 am Herzzentrum Göttingen durchgeführt. Seit Anfang des Jahres 2011 übernehmen die Krankenkassen die Kosten für diese Behandlung. „Für unsere Patienten, die keine Blutverdünner vertragen, bedeutet diese Methode eine echte Alternative und eine wertvolle Erweiterung unserer Behandlungsmöglichkeiten“, sagt Prof. Dr. Gerd Hasenfuß, Vorsitzender des Herzzentrums und Direktor der Abteilung Kardiologie und Pneumologie. „Es ist uns wichtig, für unsere Patienten stets die Behandlung mit dem geringsten Risiko und dem größten Nutzen auswählen zu können.“

VORHOFFLIMMERN DES HERZENS
Vorhofflimmern kann sich durch Herzklopfen, Abgeschlagenheit oder Atemnot bemerkbar machen. Viele Patienten erfahren erst durch einen Routine-Check bei ihrem Herzspezialisten von der Diagnose. In besonders tragischen Fällen ist ein Schlaganfall das erste Zeichen für die Herzrhythmusstörung. Von der Krankheit sind hauptsächlich ältere Menschen betroffen. Das bedeutet: Die Zahl der Patienten wird in den kommenden Jahrzehnten aufgrund der zunehmenden älteren Bevölkerung weiter ansteigen. Die häufigsten Auslöser für Vorhofflimmern sind Bluthochdruck, Herzmuskelschwäche, koronare Herzerkrankung und Diabetes mellitus. Auch Übergewicht und übermäßiger Alkoholkonsum begünstigen die Entstehung von Vorhofflimmern.
WEITERE INFORMATIONEN:
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Abteilung Kardiologie und Pneumologie – Herzzentrum Göttingen
Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Schillinger
Telefon 0551 / 39-6372, schiwolf@med.uni-goettingen.de
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Abteilung Kardiologie und Pneumologie – Herzzentrum Göttingen
Prof. Dr. Gerd Hasenfuß
Telefon 0551 / 39-6351, rfaber@med.uni-goettingen.de

Media Contact

Stefan Weller Uni Göttingen

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer