Neuer Goldstandard bei der Behandlung der Aortenklappenstenose

„Es haben sich in den letzten Wochen dramatische Änderungen der Datenlage ergeben. Ein alter Goldstandard gerät ins Wanken und wird durch eine neue Therapie ersetzt“, stellt Prof. Helge Möllmann, stellvertretender Sprecher der Arbeitsgruppe Interventionelle Kardiologie (AGIK) der DGK, fest. Er bezieht sich dabei auf die im März in den USA erschienene PARTNER 3-Studie.

Tausend Patienten waren in die Studie eingeschlossen, die den kathetergestützten Aortenklappenersatz (TAVI) mit der chirurgischen Implantation neuer Aortenklappen (AKE) verglich. Bei dem interventionellen TAVI-Verfahren wird eine Klappenprothese per Katheter über die Leistenarterie der Patienten direkt ins Herz eingebracht und entfaltet. Eine Operation am offenen Brustkorb ist damit nicht mehr nötig, wodurch der Eingriff für die Patienten deutlich schonender verläuft.

Bahnbrechende Daten sprechen für die TAVI

„Es gibt keine Studie, die das chirurgische Verfahren jemals an einer so großen Patientengruppe untersucht hat, wie PARTNER 3“, so Prof. Möllmann während der Pressekonferenz am Donnerstag. Die Studie zeigte eine statistisch deutliche Überlegenheit der TAVI-Methode gegenüber dem chirurgischen Verfahren:

Nach zwölf Monaten waren 15,1% der chirurgisch behandelten Patienten verstorben, erlitten einen Schlaganfall oder mussten wegen Komplikationen erneut stationär in einem Krankenhaus behandelt werden. Bei der TAVI waren es lediglich 8,5% der Patienten. Wurden ausschließlich die Punkte Tod und behindernder Schlaganfall betrachtet, konnten durch die TAVI-Prozedur rund zwei Drittel der Ereignisse reduziert werden.

„Die Risikoreduktionen, die PARTNER 3 zeigt, sind so ausgeprägt, dass Kritikern der Methode jeder Wind aus den Segeln genommen ist“, sagt Prof. Möllmann. „So eindeutige Daten gibt es nicht noch einmal.“

Gute Haltbarkeit der TAVI-Prothesen ist nachgewiesen

Lediglich die Haltbarkeit der bei einer TAVI eingesetzten Prothesen wird immer wieder infrage gestellt. Es fehlten die Langzeitdaten, monieren Kritiker. Prof. Möllmann:

„Für die wenigsten chirurgischen Aortenklappenprothesen gibt es echte Langzeitdaten. Die Prothesen werden weiterentwickelt und die Berechnungen zur Haltbarkeit aus alten Studien extrapoliert. Darüber hinaus liegen uns Daten vor, die zeigen, dass es in den ersten 7 Jahren nach der Implantation keine Anzeichen für Degenerationen bei den TAVI-Klappen gibt. Im Gegenteil: kürzlich publizierte Daten weisen zumindest für die ersten 6 Jahre statistisch deutlich signifikante Vorteile für die TAVI-Klappen aus.“

Neue Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Krankenkassen dringend notwendig

Die Experten der DGK sehen nun die unbedingte Notwendigkeit, die Behandlungsleitlinien dieser Datenlage zügig anzupassen, da eine therapieverändernde neue Evidenz durch die Daten entstanden ist. Prof. Dr. Karl-Heinz Kuck sagte während der Pressekonferenz:

„Zuvor werden wir schon zeitnah mit der Erstellung eines Positionspapieres beginnen, in das wir unsere herzchirurgischen Kollegen gern einbinden möchten. Eindeutig ist es an der Zeit, TAVI zum Goldstandard in der Therapie der Aortenklappenstenose zu erklären und die regulatorischen Voraussetzungen seitens des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Krankenkassen an die dramatisch veränderte Datenlage anzupassen.“

Besonders gestärkt werden müsse, so die Experten, die gleichberechtigte Herangehensweise im Heartteam. „Alle Patienten müssen gemeinsam hinsichtlich der optimalen Behandlungsmöglichkeit von Kardiologen und Chirurgen begutachtet werden, auch die, die initial an die chirurgischen Kollegen überwiesen wurden“, fordert Prof. Möllmann. „Die optimale Therapie wird, das zeigen uns die Daten, in den allermeisten Fällen die TAVI sein.“

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Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 10.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien.

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