Kostengünstiges mobiles Beatmungsgerät entwickelt

Die Professoren Ulrich Koehler, Keywan Sohrabi, Volker Groß präsentieren mit Thomas Schneider vom Industriepartner MHM (von links) das neuentwickelte Beatmungsgerät. Technische Hochschule Mittelhessen/Armin Eikenberg

Das „Mobile Einfach-Beatmungsgerät 2020 (MEB 2020-1)“ basiert unter anderem auf Erkenntnissen aus der Schlafmedizin. „Das System unterstützt Patienten aktiv bei der Atmung. Es schont damit die Physis der Patienten und erhält so die lebensnotwendige Konzentration von Sauerstoff im Blut.

Die Patienten erhalten während des Einatmens einen erhöhten Druck, der beim Ausatmen gesenkt wird. Dieses Verfahren wird in Fachkreisen als Biphasic Positive Airway Pressure bezeichnet. Der positive Druck während des Ausatmens verhindert den Kollaps der Atemwege. Zusätzlich wird mithilfe des Gerätes Sauerstoff verabreicht,“ so Koehler.

Im schwerem Verlauf führt die Lungenentzündung bei Covid-19-Patienten zu einer ausgeprägten Atemnot, die sie körperlich stark beansprucht und eine Invasivbeatmung nötig macht. Solche Beatmungsplätze sind knapp. „Unser System kann einer invasiven Beatmung vor- und nachgeschaltet werden. Die Unterstützung der Atmung ist nicht-invasiv.

Sie wird heute mit teuren multifunktionellen Geräten durchgeführt. MEB 2020-1 erzeugt einen ausreichenden Einatmungsdruck und sorgt während des Ausatmens dafür, dass die kleinen Atemwege nicht kollabieren. Bei der Entwicklung haben wir auch darauf geachtet, eine Luftkontamination zu vermeiden. Bei vielen aktuellen Konzepten wird dieser Aspekt vernachlässigt“, erläutert Sohrabi.

Das Gerät ist technisch einfach und mobil einsetzbar. MEB 2020-1 sollen auch Nicht-Fachleute, also zum Beispiel die Patienten selbst, Angehörige oder Pfleger, bedienen können. Hochqualifiziertes Fachpersonal wird dadurch entlastet. Das Gerät verzichtet auf eine komplizierte Überwachungstechnik. Trotzdem arbeitet es zuverlässig und den geltenden Normen entsprechend.

Ein Prototyp wird zurzeit erprobt. Mit Unterstützung des Gießener Medizintechnikunternehmens MHM bereiten die Wissenschaftler die Produktion vor. „Wir arbeiten an der Zulassung als Medizinprodukt,“ sagt Volker Groß.

„Der dazu in Deutschland vorgegebene Weg ist angesichts der aktuellen Lage aber zu langwierig. Deswegen ist die Politik gefordert, eine schnelle und unbürokratische Lösung zu finden. Weil es einfach zu bedienen und kostengünstig ist, kommt das Gerät für einen weltweiten Einsatz in Frage und kann dazu beitragen, viele Leben zu retten.“

keywan.sohrabi@ges.thm.de

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