Extrakorporale fokussierte Ultraschalltherapie – Sichere Behandlung dank Softwarekontrolle

Die bisher in den Kliniken eingesetzten Anwendungen mit fokussiertem Ultraschall (FUS) unter MRT-Bildgebung weisen aber entscheidende Nachteile auf: Dazu gehören eine lange Behandlungsdauer, ein hohes Rezidivrisiko oder die Schädigung gesunder Organe.

Jetzt entwickeln Fraunhofer-Forscher eine Software, die die Behandlung schonender und sicherer macht. An dem Projekt unter der Leitung des Fraunhofer MEVIS sind neben dem Fraunhofer FIRST auch die Fraunhofer-Institute EMI, ITWM und SCAI beteiligt. Auf der Medica, Halle 10, Stand F05, können Sie mit Projektmitarbeitern über das Vorhaben diskutieren.

Bei der MR-gestützten FUS-Therapie, liegt der Patient in einem Magnetresonanztomographen (MRT). Die Mediziner lokalisieren mithilfe der MRT-Bilder die genaue Lage des Tumors. Dann sendet ein Radiologe hochintensive, gebündelte Ultraschallwellen direkt auf den Tumor, wodurch im Fokuspunkt, ähnlich wie bei einer optischen Linse, Temperaturen von über 56°C entstehen. In mehreren Behandlungsschritten wird so der gesamte Tumor zerstört. Die Behandlungsdauer liegt bei zwei bis vier Stunden pro Sitzung, in denen sich der Patient kaum bewegen darf und teilweise die Luft anhalten muss, damit der Fokuspunkt der Ultraschallwellen nicht auf gesundes Gewebe trifft, sondern die Tumorregion erreicht.

Studien zur Behandlung von Tumoren im Abdomen (Uterus, Leber, Niere oder Blase) zeigen ein hohes Potenzial der MRT-gestützten FUS-Therapie, die allerdings in ihrer derzeitigen Form von technischen Problemen hinsichtlich der Fokussierung erschwert wird: Im Gegensatz zum Uterus bewegen sich die übrigen Organe des Abdomens durch die Atmung des Patienten stark. Die daraus resultierenden Verschiebungen der Organe lassen eine zielsichere Ultraschall-Behandlung nicht zu. Daher sind Strategien für Planung und Therapie notwendig, die die durch die Atmung entstehenden Organbewegungen mit einbeziehen. Darüber hinaus schirmen die menschlichen Rippen die Ultraschallwellen ab.

Die Fraunhofer-Software soll den Medizinern eine sichere Vorhersage über die Bewegung der Organe und über die Wirkung der Schallwellen im Gewebe liefern und zudem durch adaptive Anpassung der Ultraschall-Wellen die Bewegungen im Körper ausgleichen.

Verfolgung und Vorhersage von Organbewegungen

Das Fraunhofer-Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik FIRST konzentriert sich bei der Entwicklung der Software auf die Identifikation und Verfolgung von Organbewegungen sowie die Vorhersage von Organveränderungen während der Behandlung. Faktoren wie die Atmung des Patienten werden in Echtzeit analysiert, so dass eine Bewegungskompensation während der Bestrahlung möglich wird. Dazu werden die während der Therapie aufgenommenen MRT-Bilder, also aus mehreren Bildschichten bestehende 3-D-Volumendatensätze, verarbeitet und die Bewegung relevanter Strukturen extrahiert.

Daneben liefern unterschiedliche außerhalb des Körpers befindliche Sensoren, wie z. B. optische Tracker oder Atemfluss-Sensoren, weitere Informationen über die Atmung des Patienten. Zur Realisierung der Bewegungskompensation entwickeln die Forscher von Fraunhofer FIRST eine Verarbeitungskette von mehreren, aufeinander abgestimmten Algorithmen. Zur Identifikation und Verfolgung von Organbewegungen innerhalb einer MRT-Bildsequenz müssen zunächst die markantesten Regionen, die sich z. B. durch einen starken Hell-Dunkel-Kontrast auszeichnen, gefunden werden. Sie bilden die sogenannten „Featurepunkte“ im Datensatz.

Mit Hilfe von Bildberechnungsverfahren wie dem „Optischen Fluss“ oder der „Deformierbaren Registrierung“ kann anschließend eine bildbasierte Objektverfolgung („Tracking“) stattfinden. Dazu müssen die zeitlich aufeinanderfolgenden MRT-Daten überlagert und die korrespondierenden Featurepunkte im neuen Volumendatensatz zugeordnet werden.

Das Resultat ist ein Vektorfeld, das die Bewegung bzw. die Deformation des Tumors widerspiegelt und somit eine Bewegungsverfolgung ermöglicht. Auf diese Weise kann der Ultraschall-Sender neu fokussiert werden, auch wenn der Patient normal weiteratmet. Die Fraunhofer-Forscher gehen jedoch noch einen Schritt weiter. Durch die Implementierung einer prädiktiven Simulation der Organdeformation wird es möglich, die zukünftige Position des Tumors zu schätzen. Die so gewonnenen Informationen erlauben ein schnelles Reagieren auf neue Gegebenheiten. Um die Verfahren so effizient wie möglich zu machen, werden die komplexen Echtzeitalgorithmen auf der Graphics Processing Unit („GPU“) implementiert.

Die GPU bezeichnet die zentrale Recheneinheit auf einer Grafikkarte, die speziell für die Berechnung und die Verarbeitung von Grafik ausgelegt ist. GPUs ermöglichen die Verteilung komplexer Berechnungs- und Simulationsaufgaben auf mehrere hundert Prozessoren, die hochparallel arbeiten und dadurch um ein Vielfaches schneller sind als herkömmliche Hauptprozessoren (CPUs). Dies ist insbesondere für die medizinische Bildgebung ein großer Vorteil, da die extrem rechenintensiven Aufgaben wesentlich schneller erledigt werden können.

Wir möchten Sie herzlich einladen, uns auf der Medica, Halle 10, Stand F05, zu besuchen und über das Projekt mit uns zu diskutieren.

Weitere Informationen erhalten Sie von:

Fraunhofer FIRST, Leitung Institutskommunikation,
Mirjam Kaplow
Tel.: +49 (0)30/ 6392-1823
E-Mail: mirjam.kaplow@first.fraunhofer.de

Media Contact

Mirjam Kaplow idw

Weitere Informationen:

http://www.first.fraunhofer.de

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