Chip-Tablette schickt SMS an Smartphone

Pillen: jetzt auch mit Chip (Foto: pixelio.de, Rainer Sturm)<br>

Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat erstmals Mikrochips zur oralen Einnahme zugelassen, wie Nature berichtet.

Ein Sandkorngroßer Sensor, der in Pillen eingelassen wird, reagiert auf Kontakt mit Verdauungssäften und schickt eine Nachricht an ein Smartphone, auf dem eine entsprechende App installiert ist. So können Ärzte kontrollieren, ob ihre Patienten ihre Medizin ordnungsgemäß einnehmen. Vorerst ist der Einsatz nur für Placebos erlaubt, in Kürze soll aber auch das Okay für verschiedenste Medikamente kommen. Hergestellt werden die Chips vom US-Unternehmen Proteus Digital Health.

„Das halte ich für ein orwell'sches Szenario, das nicht stattfinden darf. Die Kooperation der Patienten bei Behandlungen ist zwar ein internationales Problem, die Erfolgsquote ist aber von Arzt zu Arzt unterschiedlich. Ein Funktionierendes Verhältnis zwischen Arzt und Patient ist das beste Mittel für regelmäßige Medikamenteneinnahme. Werden Menschen beispielsweise auf die Alkoholverträglichkeit eines Medikaments aufmerksam gemacht, ist eine Einnahme am Wochenende wahrscheinlicher“, sagt Otto Pjeta vom Medikamentenreferat der Österreichischen Ärztekammer http://aerztekammer.at gegenüber pressetext. Am Ende müsse aber jeder Patient das Recht haben, über seinen Körper zu bestimmen.

Kontrolle lebenswichtig

In den USA nehmen bis zu 50 Prozent der Patienten ihre Medikamente nicht regelmäßig ein. „In Europa sind die Zahlen vergleichbar. Viele Menschen nehmen verschriebene Medizin entweder gar nicht oder nicht regelmäßig“, sagt Tassilo Korab, Sprecher des Healthcare Compliance Packaging Council Europe http://hcpc-europe.net , gegenüber pressetext. Der Chip in der Pille könnte solche Probleme beheben. Der winzige Sensor aus Silizium und Spuren von Kupfer und Magnesium reagiert auf Kontakt mit Magensäure und sendet ein Signal, das an den Arzt geht.

Bei Unregelmäßigkeiten können Mediziner einschreiten und die Dosis oder die Gabemethode anpassen. „Ähnliche Ansätze gibt es mit intelligenten Packungen, die Ärzte informieren, wenn eine Tablette entnommen wird. Diese Methoden sind allerdings aufwendig und teuer. Für Einzelfälle, in denen das Leben der Patienten von regelmäßiger Medikamenteneinnahme abhängt – etwa Organtransplantationen – halte ich Überwachung für sinnvoll“, so Korab. Die Chippille sei eine bessere Variante, weil sie die Einnahme tatsächlich garantieren kann. „Auch in schweren Fällen bin ich gegen eine Überwachung, weil sie die Würde der Menschen verletzen würde“, so Pjeta.

Erst der Anfang

„Menschen, deren Leben von einem Medikament anhängt, sind oft dankbar für die Kontrolle. Angst vor Big Brother ist hier deshalb nicht angebracht. Für eine flächendeckende Anwendung macht die Technologie ohnehin keinen Sinn“, so Korab. Bei weniger kritischen Fällen gibt es andere Mittel und Wege die Kooperation der Patienten zu gewährleisten.

„Die Wichtigkeit der Thematik muss Ärzten bereits im Studium beigebracht werden. Derzeit können viele Mediziner das Problem überhaupt nicht richtig einschätzen. Zusätzlich muss den Patienten die Einnahme eines Medikamentes so einfach wie möglich gemacht werden, durch entsprechende Gestaltung von Verpackungen und Beipacktexten. Angaben zu Nebenwirkungen, die dort aus Haftpflichtgründen stehen, haben dort eigentlich nichts zu suchen. Auch ein Kontrollinstrument für die Patienten selber kann helfen“, so Korab.

In den USA setzt die Medizin trotzdem lieber auf die Technik. Einige Experten sehen im verschluckbaren Chip den Anfang einer schönen neuen Welt. Chips im Körper könnten künftig verschiedenste Daten liefern, mit Minilabors Analysen durchführen und sogar kontrolliert Medikamente verabreichen. „Die 2010er-Jahre werden als die Ära der digitalen medizinischen Elektronik in die Geschichte eingehen. Es wird gerade an vielen Technologien gearbeitet, die die Medizin verändern werden“, sagt Eric Topol, Autor des Buches „The Creative Destruction of Medicine“.

Media Contact

Markus Keßler pressetext.redaktion

Weitere Informationen:

http://www.proteusdigitalhealth.com

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Merkmale des Untergrunds unter dem Thwaites-Gletscher enthüllt

Ein Forschungsteam hat felsige Berge und glattes Terrain unter dem Thwaites-Gletscher in der Westantarktis entdeckt – dem breiteste Gletscher der Erde, der halb so groß wie Deutschland und über 1000…

Wasserabweisende Fasern ohne PFAS

Endlich umweltfreundlich… Regenjacken, Badehosen oder Polsterstoffe: Textilien mit wasserabweisenden Eigenschaften benötigen eine chemische Imprägnierung. Fluor-haltige PFAS-Chemikalien sind zwar wirkungsvoll, schaden aber der Gesundheit und reichern sich in der Umwelt an….

Das massereichste stellare schwarze Loch unserer Galaxie entdeckt

Astronominnen und Astronomen haben das massereichste stellare schwarze Loch identifiziert, das bisher in der Milchstraßengalaxie entdeckt wurde. Entdeckt wurde das schwarze Loch in den Daten der Gaia-Mission der Europäischen Weltraumorganisation,…

Partner & Förderer