Diagnostik, die nicht weh tut: Klinische Chemie übersetzt medizinische Grundlagenforschung in neue Diagnose-Werkzeuge

Labormediziner und Klinische Chemiker tagen vom 6.-8. Oktober am Universitätsklinikum Jena

"Unser Ziel ist es, immer mehr Krankheiten mit Hilfe schmerzfreier Methoden wie eines Bluttests zu erkennen und damit dem behandelnden Arzt den Weg für die Therapie zu zeigen", umreißt Prof. Dr. Thomas Deufel, Direktor des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik am Universitätsklinikum Jena (UKJ), die Aufgabenstellung seines Fachgebiets. Bereits heute kann aus einer einzigen Blutprobe eine Vielzahl von Informationen über den aktuellen Gesundheitszustand des Patienten, aber auch über künftige Risiken gewonnen werden. Mehr als 70 Prozent aller Diagnosen in der Medizin basieren auf labormedizinischen Analysen: Untersuchungen des Urin, des Stuhls, des Blutes oder des Liquor (Gehirnflüssigkeit) helfen heute, verschiedene Erkrankungen von Entzündungen über Nervenerkrankungen bis hin zu Krebs ohne belastende invasive Verfahren zu diagnostizieren und im Verlauf zu verfolgen.

Die Methoden der klinischen Chemie verfeinern sich dabei immer weiter und dringen in immer differenziertere Ebenen vor. "Wir arbeiten daran, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung über die Entstehung von Krankheiten in Diagnose-Werkzeuge für die klinische Praxis zu übersetzen", so Deufel. Eines der aktuellen Projekte widmet sich der Erarbeitung von Diagnosemethoden, die auf Grundlage von Proteinmustern in Blutproben Krankheiten besser erkennen können als bisher. "Bestimmte Blutkrebsarten, die bisher nur durch eine Knochenmarksbiopsie nachweisbar sind, könnten möglicherweise künftig mit vergleichbarer Sicherheit schon im Blut nachgewiesen werden", erklärt Prof. Thomas Deufel. Auch bisher nur schwer eindeutig unterscheidbare Stadien der Blutvergiftung (Sepsis) könnten mit Hilfe der "Proteomics" genannten Verfahren aus Blutproben sicher und schnell erkannt und die Therapie entsprechend angepasst werden. "Hier bewegt sich gerade sehr viel", so der klinische Chemiker Deufel, "weltweit arbeiten Forscher daran, diese Diagnose-Werkzeuge zu entwickeln, praxistauglich zu machen und vor allem dann auch in der klinischen Anwendung die möglichen Aussagen dem Kliniker verständlich und bewertet an die Hand zu geben."

Das hochaktuelle Thema Proteomics ist, neben Genchip-Analyse und Systembiologie auch einer der Schwerpunkte auf dem am 6. Oktober beginnenden Kongress der Klinischen Chemiker und Labormediziner am Universitätsklinikum Jena. Die 500 Teilnehmer der Jahrestagung werden unter dem Motto "Putting Science to work: Neue diagnostische Strategien in der Labormedizin" über die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die klinische Diagnose-Praxis diskutieren. Deufel: "Als Querschnitts- und Netzwerk-Fach ist die klinische Chemie ein Mittler zwischen Forschung und Klinik. Wir entwickeln mit Hilfe neuester Erkenntnisse Werkzeuge, die uns Ärzten im Kampf um die Gesundheit unserer Patienten helfen."

Dabei kommt auch dem ethischen Aspekt eine große Rolle zu: "Weil es heutzutage sehr einfach und dazu noch fast schmerzlos ist, aus einer Blutprobe eine Vielzahl von Informationen über den Spender zu erhalten, rücken die ethischen Aspekte diagnostischen Handelns auch in der Labormedizin immer mehr in den Vordergrund", erklärt Tagungspräsident Prof. Deufel. "Das betrifft natürlich den Datenschutz, aber eben auch die rechtliche und ethische Begründung für Untersuchungen, wo z. B. auch ein Recht des Patienten auf Nichtwissen beachtet werden muss." Vor diesem Hintergrund wird der dreitägige Kongress mit einem Vortrag von Prof. Nagel zu ethischen Fragen der Labormedizin eröffnet, dem sich dann eine Vielzahl von Workshops und Fachvorträgen anschließen.

2. Jahrestagung der Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie
6.-8. Oktober 2005, Campus der Friedrich-Schiller Universität, Carl-Zeiß-Straße 3

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Thomas Deufel
Direktor des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641 / 9325001
E-Mail: thomas.deufel@med.uni-jena.de

Media Contact

Helena Reinhardt idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer