Hoffnung für Blinde durch neuartige Sehprothese

Zwölf Jahre dauerte die Entwicklung: Nun haben deutsche Netzhautchirurgen und Ingenieure die weltweit erste vollständig in das menschliche Auge implantierbare Sehprothese erfolgreich bei sechs blinden Patienten eingesetzt. Das Bundesforschungsministerium (BMBF) hat die Entwicklung dieser Technik initiiert und maßgeblich gefördert.

Der Parlamentarische Staatssekretär im BMBF, Thomas Rachel, sagte zu dem Ergebnis: „Wissenschaftler und Techniker haben hier gemeinsam Hervorragendes geleistet. Wir wünschen uns, dass bald viele blinde Menschen von den Resultaten profitieren.“ Die Entwicklung von Sehprothesen wurde vom BMBF seit 1995 mit insgesamt 17,5 Millionen Euro gefördert.

Ungefähr 3 Millionen Menschen, darunter 10 000 in Deutschland, leiden unter Retinis pigmentosa. Bei dieser Augenerkrankung schwindet die Sehfähigkeit aufgrund des Absterbens von Netzhautzellen stetig bis zur Erblindung. Allerdings bleibt in der Regel ein Teil der Nervenzellen intakt.

Hier können Sehprothesen ansetzen. Ingenieure der RWTH Aachen und des Duisburger Fraunhofer Instituts für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme haben unter der Leitung von Professor Wilfried Mokwa jetzt für diese Krankheit eine EPIRET3 genannte Sehprothese entwickelt. Ihre Besonderheit liegt darin, dass sie weltweit als einziges System drahtlos funktioniert. Sie wird vollständig in das Auge implantiert und muss nicht mit Kabelverbindungen von außen versorgt werden wie andere Retina-Implantate. Dies reduziert die Operationszeit, vereinfacht die Handhabung und senkt die Belastungen für die Patienten.

Die neue Sehprothese wurde sechs freiwilligen Patienten der Universitäts-Augenkliniken in Aachen und Essen eingesetzt. Alle Patienten waren seit mehreren Jahren erblindet. Während einer vierwöchigen Testphase untersuchten Spezialisten der Neurophysikgruppe der Philipps Universität Marburg die Netzhaut der Patienten mit verschiedenen elektrischen Testreizen. Bei allen Patienten wurden Seheindrücke ausgelöst, und sie konnten optische Muster unterscheiden. Nach diesem Erfolg besteht der nächste Schritt darin, die Implantationsdauer zu verlängern und die Operationstechnik weiter zu verbessern. Damit die Patienten mit der Prothese sich in ihrer Umwelt zurechtfinden können, muss das System künftig noch mit einer Kamera gekoppelt werden, die per Funk Signale an das Implantat sendet.

Nachdem sich diese Methode bei den ersten Patienten als wirksam und sicher erwiesen hat, haben mehrere Medizintechnikfirmen eine Firma gegründet, die jetzt ein marktfähiges Retina-Implantat entwickeln wird. Dann könnte die Prothese in einigen Jahren mehr Patienten verfügbar gemacht und auch zur Behandlung der fortgeschrittenen altersbedingten Makuladegeneration eingesetzt werden. Diese stärker verbreitete Augenkrankheit ist für etwa die Hälfte der Fälle von Altersblindheit verantwortlich.

Media Contact

Silvia von Einsiedel idw

Weitere Informationen:

http://www.bmbf.de/press/2256.php

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