Wichtiger Schritt zum Verständnis der Entstehung von Asthma

Wissenschaftlern der Universitätsmedizin Mainz ist ein weiterer Schritt zu einem besseren Verständnis der Entstehung von Asthma gelungen. Für die Entwicklung von T-Helfer-9-Zellen, die nach diesen neuen Erkenntnissen eine wesentliche Rolle bei der chronischen, entzündlichen Erkrankung der Atemwege einnehmen können, ist das Gen-regulierende Molekül „IRF4“ mit entscheidend.

Dies hat die Arbeitsgruppe um Dr. Tobias Bopp und Prof. Dr. Edgar Schmitt vom Institut für Immunologie jetzt in einer Arbeit erstmals nachgewiesen, die das international renommierte Wissenschaftsjournal „Immunity“ jüngst veröffentlicht hat.

In den letzten 100 Jahren hat sich Asthma von einer eher seltenen Lungenkrankheit zum Massenleiden entwickelt. Rund 300 Millionen Menschen leiden weltweit an Asthma. Alleine in Deutschland sind zwischen fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung erkrankt. Dabei trifft es Männer doppelt so häufig wie Frauen. Bekannt ist, dass allergische Immunreaktionen wesentlich zur Entstehung von Asthma beitragen können. Eine wesentliche Rolle bei der Manifestation dieser Erkrankung spielen insbesondere hyperreaktive Th-Zellen – ein Bestandteil des köpereigenen Immunsystems.

Unterschiedliche T-Zellen nehmen dabei verschiedene Aufgaben in der Immunabwehr wahr: Solche mit Helferfunktion – die so genannten Th-Zellen – produzieren unterschiedliche Zytokine, die der Kommunikation der Immunabwehrzellen untereinander dienen und so helfen, koordiniert Krankheitserreger oder auch Tumorzellen zu bekämpfen. Reagieren diese Zellen jedoch unverhältnismäßig auf an sich harmlose Substanzen, können sie auch Krankheiten auslösen. Insgesamt lassen sich mehrere Untergruppen von T-Helfer-Zellen unterscheiden, darunter Th9-Zellen. Die Charakterisierung dieser Th9-Zellen fand in zwei Phasen statt: Ursprünglich wurden sie im Jahr 1994 von Professor Schmitt als Interleukin(IL)-9-produzierende T-Helferzellen beschrieben und ab 2008 schließlich als Th9-Zellen bezeichnet.

„Bisher konnte lediglich die Existenz von Th9-Zellen nachgewiesen werden. Dass der Botenstoff IL-9 bei Asthma eine Rolle spielt war ebenfalls bekannt. Da allerdings neben T-Zellen auch andere Zellen IL-9 produzieren können, war die Rolle der Th9-Zellen nicht klar. Um jedoch gezielt therapeutisch eingreifen zu können, war es notwendig, den zugrunde liegenden molekularen Mechanismus der Entstehung und Funktion dieser Zellen aufzudecken. Unsere Untersuchungen zeigten schließlich, dass IRF4 – ein Molekül, welches entscheidend an der Regulation von Genen beteiligt ist – essentiell für die Entstehung und Funktion von Th9-Zellen ist“, erklären Dr. Tobias Bopp und Prof. Dr. Edgar Schmitt vom Institut für Immunologie.

Die funktionellen Untersuchungen wurden überwiegend am Mausmodell durchgeführt. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass T-Zellen von Mäusen, denen ein intaktes IRF4-Molekül fehlt, sich nicht zu Th9-Zellen entwickeln und somit keine signifikanten Mengen IL-9 produzieren können. Da IL-9 für eine Vielzahl verschiedener Asthma-Symptome verantwortlich ist, untersuchten die Wissenschaftler um Dr. Tobias Bopp und Prof. Dr. Edgar Schmitt, inwieweit IRF4 und damit Th9-Zellen an der Entstehung und Manifestation von Asthma beteiligt sind. Diese Experimente zeigten schließlich, dass aufgrund der defekten Th9-Zellentwicklung IRF4-defiziente Mäuse kein Asthma entwickeln.

Die Studie demonstriere, wie wichtig Grundlagenforschung für die Entwicklung neuer Therapien sei, betont Univ.-Prof. Dr. Hansjörg Schild, Direktor des Instituts für Immunologie. „Asthma nimmt in den Industrieländern seit Jahrzehnten zu. Die Entdeckung von Dr. Tobias Bopp und Prof. Dr. Edgar Schmitt könnte die Behandlung immunologischer Erkrankungen verbessern und den Betroffenen helfen – doch bis dahin ist es noch ein langer und arbeitsreicher Weg.“ Im nächsten Forschungsschritt müssen nun Stoffe, die zum Teil in der Natur vorkommen und die IL-9-Produktion unterdrücken, untersucht sowie deren Wirkungsweise aufgeklärt werden, um neue Therapieansätze zur Behandlung von Asthma zu entwickeln.

Genauso sieht es der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Dr. Reinhard Urban: „Immunologische Erkrankungen spielen eine immer größere Rolle. Es ist daher nur konsequent, dass sich Forscher der Universitätsmedizin den grundlegenden zellulären Mechanismen zuwenden und mit den Forschungsergebnissen zu einer Verbesserung der Patientenversorgung beitragen.“

Originalveröffentlichung
Valérie Staudt et al., “Interferon-Regulatory Factor 4 Is Essential for the Developmental Program of T Helper 9 Cells”, Immunity (2010), doi:10.1016/j.immuni.2010.07.014

Veröffentlichung in Immunity: online am 29. Juli 2010, am 29. August 2010 in der Printausgabe (Download: http://www.cell.com/immunity/newarticles).

Kontakt
Dr. Tobias Bopp
Institut für Immunologie
Telefon 06131 17-6175, Fax 06131 17-6260
E-Mail: boppt@uni-mainz.de
Internet: http://www.immunologie-mainz.de
Pressekontakt
Tanja Rolletter, Stabsstelle Kommunikation und Presse Universitätsmedizin Mainz,
Telefon 06131 17-7424, Fax 06131 17-3496, E-Mail: pr@unimedizin-mainz.de
Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz. Mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen sowie zwei Einrichtungen der medizinischen Zentralversorgung – die Apotheke und die Transfusionszentrale – gehören zur Universitätsmedizin Mainz. Mit der Krankenversorgung untrennbar verbunden sind Forschung und Lehre. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz kontinuierlich ausgebildet.

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Caroline Bahnemann idw

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