Tübinger Forscher entwickeln Hemmer für entzündungsrelevantes Enzym

Forschern der Universität Tübingen ist es gelungen, neuartige Hemmstoffe zu entwickeln, die die Funktion der so genannten Januskinase 3 (JAK3) im Organismus unterdrücken. Januskinasen sind spezielle Enzyme, die wichtige intrazelluläre Funktionen in vielen Organen ausüben. Sie aktivieren in Zellen wie zum Beispiel im blutbildenden System wichtige Signalwege.

Durch Mutationen in Januskinase-Genen kann es zu Fehlsteuerungen kommen, die wiederum Ursache für verschiedene Blut- und Immunkrankheiten sein können. Da viele Botenstoffe Januskinasen für die Übertragung ihrer Signale während Entzündungsprozessen verwenden, spielen diese Moleküle auch bei entzündlichen Autoimmunkrankheiten wie Rheumatoider Arthritis oder Psoriasis eine große Rolle.

Gelingt es, die Januskinasen in ihrer Funktion zu unterdrücken, könnte damit möglicherweise die Therapie unterschiedlicher Krankheiten verbessert werden. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher jetzt in der Zeitschrift „Cell Chemical Biology“.

„Die Medizin ist seit zehn Jahren auf der Suche nach geeigneten Inhibitoren, die JAK3 in ihrer Funktion hemmen“, sagte Professor Stefan Laufer, Inhaber des Lehrstuhls für Pharmazeutische Chemie an der Universität Tübingen: „Durch die isolierte Rolle der JAK3 in Zellen des Immunsystems verspricht man sich durch deren Hemmung eine Immunsuppression, die zur Therapie von Autoimmunkrankheiten wie zum Beispiel der Rheumatoiden Arthritis eingesetzt werden kann.

Alle bisher verfügbaren und in manchen Ländern bereits als Arzneimittel zugelassenen Wirkstoffe hemmen aber mehrere Januskinasen gleichzeitig.“ Unerwünschten Nebenwirkungen, die bei der Einnahme von JAK-Hemmern beobachtet worden seien, gingen vermutlich auf diese Wirkungsweise zurück. Die in Tübingen entwickelten JAK-Inhibitoren nutzen kleine Unterschiede in der Aminosäurensequenz der insgesamt vier unterschiedlichen Kinasen aus. In ihrer Wirkung binden sie an ein Cystein, welches nur in der JAK3 vorkommt, und blockieren so die Wirkung dieses En-zyms, nicht aber der anderen Januskinasen.

„Es gibt mehr als 500 Kinasen im menschlichen Körper und viele von ihnen sind essentielle Bausteine des Lebens“, erklärte Laufer: „Aus diesem Grund ist es von entscheidender Bedeutung, dass ein JAK-Inhibitor seine Wirkung hoch selektiv entfaltet.“ Aufgrund der vielversprechenden Eigenschaften der neu entwickelten Wirkstoffe wurden die fraglichen JAK3-Inhibitoren vor kurzem in das „Chemical Probe“ Programm des Structural Genomics Consortium (SGC) aufgenommen.

Das SGC ist ein weltweites Netzwerk aus forschenden Universitäten und Pharmafirmen, das sich auf die Erforschung genetisch bedingter Erkrankungen konzentriert und seine Ergebnisse offen gegenüber allen Wissenschaftlern weltweit kommuniziert. Essentielle Beiträge leistete hierzu auch Professor Stefan Knapp von der Universität Frankfurt am Main.

Darüber hinaus bestehen seit langem Kontakte zum SCG über die University of North Carolina in Chapel Hill, einer Partneruniversität Tübingens in den USA. „Durch die Bereitstellung unserer neuen Inhibitoren könnte in Zukunft die Grundlagenforschung und das Verständnis um die JAK-Signalwege und deren Rolle in der Steuerung des Immunsystems weiter vorangetrieben werden“, sagte Laufer abschließend.

Publikation:
Michael Forster, Apirat Chaikuad, Silke M. Bauer, Julia Holstein, Matthew B. Robers, Cesear R. Corona, Matthias Gehringer, Ellen Pfaffenrot, Kamran Ghoreschi, Stefan Knapp, Stefan A. Laufer:
Selective JAK3 Inhibitors with a Covalent Reversible Binding Mode Targeting a New Induced Fit Binding Pocket.
Cell Chemical Biology 2016, 23. . doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.chembiol.2016.10.008

Kontakt:
Professor Stefan Laufer
Universität Tübingen
Pharmazeutisches Institut
Telefon +49 7071 29- 72459
stefan.laufer[at]uni-tuebingen.de

Priv.-Doz. Dr. Kamran Ghoreschi
Universitäts-Hautklinik
Universitätsklinikum Tübingen
Telefon +49 7071 29- 80816
kamran.ghoreschi[at]med.uni-tuebingen.de

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Antje Karbe idw - Informationsdienst Wissenschaft

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