Schüler als Ersthelfer in Schule und Familie

Er kommt völlig unerwartet, und er trifft viele: Allein in Deutschland erleiden alljährlich rund 100.000 Menschen einen plötzlichen Herztod. Beim Kreislauf-Stillstand zählt jede Minute, jede Sekunde bis zur Herz-Lungen-Wiederbelebung.

Doch obwohl mehr als zwei Drittel dieser Attacken aus heiterem Himmel im häuslichen Umfeld passieren, können Familienmitglieder im Falle des Kreislauf-Stillstands nur selten erste Hilfsmaßnahmen ergreifen, um die Zeit zu überbrücken, bis Notarzt und Rettungsteam eintreffen.

Es fehlt am nötigen Basiswissen zur Wiederbelebung. Das soll jetzt anders werden. Und so startet die Vereinigung miniSANITÄTER e.V. am kommenden Freitag, 18. Dezember, im Münchener Thomas-Mann-Gymnasium einen „Reanimationskurs für Kids“ für alle Schüler der siebten Klassen.

Es ist nach einer Veranstaltung in Köln erst der zweite Kurs dieser Art in Deutschland. „Leben retten, das können auch Kinder und Jugendliche“, sagt Prof. Dr. Uwe Kreimeier. Der Experte von der Klinik für Anästhesiologie des Klinikums der Universität München (LMU) verweist auf jüngste wissenschaftliche Untersuchungen: Schon im Alter von 12 bis 14 Jahren sind Kinder in der Lage, „rasch elementare Reanimations-Maßnahmen zu lernen und effizient anzuwenden.“ Er ist einer der Väter des Projektes, das Teil einer bundesweiten Initiative der Vereinigung miniSANITÄTER und des „Deutschen Rat für Wiederbelebung“ an Schulen ist.

„Der Kurs dauert nur anderthalb Stunden“, erklärt Prof. Kreimeier und basiert auf einem neuen praktischen und interaktiven Konzept, das in Dänemark und Norwegen entwickelt und getestet wurde. Die Schüler trainieren an einer kleinen aufblasbaren Simulations-Puppe aus Oberkörper und Kopf. Sie üben die Mund-zu-Mund-Beatmung und lernen, wie sie den Brustkorb korrekt rhythmisch drücken. Der Widerstand des Puppen-Brustkorbs entspricht dabei dem eines realen Erwachsenen.

Zudem bekommen die Kinder und Jugendlichen vermittelt, wie man einen Atem- und Kreislaufstillstand erkennt und dann einen Notruf absetzt. Die Ausbildungsmaterialien – die Puppe und eine interaktive DVD – nehmen die Schüler mit nach Hause. Nicht ohne Grund, sagt der Experte des Uniklinikums: „Wir hoffen, dass sie den anderen Familienmitgliedern ihre neuen Fähigkeiten zeigen.“ Über diesen Domino-Effekt sollen möglichst viele Menschen in Reanimations-Maßnahmen geschult werden.

Ob sich dieser Wunsch erfüllt, was die Schüler über Wiederbelebung wissen und wie effektiv und nachhaltig die Reanimationsschulung ist, wird die Klinik für Anästhesiologie der LMU wissenschaftlich überprüfen. Dafür haben die Münchener Fachleute zusammen unter anderem mit Kollegen des Berliner Universitätsklinikums Charité einen altersgerechten Fragebogen entwickelt, der den Themenbereich Reanimation behandelt und von den Jugendlichen vor dem Kurs und acht bis zwölf Wochen danach beantwortet werden soll. Diesen Fragebogen hat der Datenschutzbeauftragte der Stadt München genehmigt. Es bleibt somit geheim, von welchem Schüler die jeweiligen Informationen stammen.

Überdies wird ein Teil der Schüler im ersten Quartal 2010 zu einer praktischen Prüfung eingeladen. „Wir wollen zeigen, dass Kinder und Jugendliche in kurzer Zeit lernen, wie sie richtig wiederbeleben“, sagt Prof. Kreimeier. Er hofft, dass die flächendeckende Reanimations-Kurzausbildung der Schüler in Deutschland helfen wird, die Zahl der Toten durch plötzlichen Herzstillstand zu senken.

Ort und Zeit der Veranstaltung:
Thomas-Mann-Gymnasium, Drygalski-Allee 2, 81477 München
18. Dezember 2009 von 11.45 – 13.15 Uhr
Vertreter der Presse sind herzlich eingeladen, nach vorheriger Anmeldung an der Veranstaltung teilzunehmen.
Kontakt:
Prof. Dr. med. Uwe Kreimeier (Klinik für Anästhesiologie der LMU)
Vorsitzender Verein miniSANITÄTER e.V.
Waterloostrasse 40
D-81476 München
Tel.: 0171 – 288 04 45
minisanitaeter@t-online.de
Klinikum der Universität München
Im Klinikum der Universität München (LMU) sind im Jahr 2008 an den Standorten Großhadern und Innenstadt etwa 500.000 Patienten ambulant, teilstationär und stationär behandelt worden. Die 45 Fachkliniken, Institute und Abteilungen verfügen über mehr als 2.300 Betten. Von insgesamt 9.800 Beschäftigten sind rund 1.700 Mediziner. Forschung und Lehre ermöglichen eine Patientenversorgung auf höchstem medizinischem Niveau. Das Klinikum der Universität München hat im Jahr 2008 etwa 64 Millionen Euro an Drittmitteln eingeworben und ist seit Juni 2006 Anstalt des öffentlichen Rechts.

Media Contact

Philipp Kressirer idw

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