Schneller als der Schlaganfall

Der Schlaganfall ist in Deutschland die dritthäufigste Todesursache. Auch bei einem Überleben des Patienten kann er gravierende gesundheitliche Folgen haben und zur Pflegebedürftigkeit führen. Für eine optimale medizinische Behandlung sind zwei Aspekte von entscheidender Bedeutung: Wie schnell beginnt die Akutversorgung und wie gut ist die Folgebehandlung daran anschließend.

Am Universitätsklinikum Frankfurt wurde am 23. April die erste überregionale Comprehensive Stroke Unit zertifiziert. Diese Erweiterte Schlaganfalleinheit versorgt die Patienten nicht nur in der ersten Akutphase, sondern beginnt in den Folgetagen auch mit der frühen Mobilisations- und Rehabilitationsbehandlung. Studien haben bewiesen, dass dieser unmittelbare Übergang die mittel- und langfristigen Behandlungsergebnisse klar verbessert.

Parallel konnte durch die Bildung eines Stroke-Teams und andere Ablaufoptimierungen die sogenannte „door to needle“-Zeit auf ein Rekordniveau verkürzt werden. Unter diesem Begriff versteht man die Zeit von der Einlieferung ins Krankenhaus bis zum Beginn der eigentlichen Behandlung der Schlaganfallsursache. „Wir freuen uns, dass wir nicht nur mit der Zertifizierung unsere Vorreiterrolle in der Schlaganfallbehandlung bestätigen können, sondern gleichzeitig mit unseren hervorragenden „door to needle“-Zeiten Maßstäbe setzen. Damit bieten wir unseren Patienten in mehrfacher Hinsicht ein Spitzenniveau“, sagt Prof. Helmuth Steinmetz, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum.

Schneller starten, länger fortführen – die Zukunft der Schlaganfalltherapie

Die Comprehensive Stroke Unit in der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Frankfurt ist eine 21-Betten-Schlaganfallstation. In einem Kampf der unterschiedlichen Geschwindigkeiten wird die rapide Akuttherapie der ersten Stunden und Tage mit der längerwährenden frühen Mobilisations- und Rehabilitationsbehandlung der ersten Tage und Wochen übergangslos kombiniert. Anders als früher endet die Stroke-Unit-Behandlung nicht zum Beispiel am dritten Tag mit der Verlegung des Patienten auf eine neurologische Allgemeinstation, sondern wird über die Akutphase hinaus ohne Wechsel der Station oder des Behandlungsteams fortgesetzt. Der Zweck dieser Kombination ist es, gleichzeitig mit der eigentlichen Schlaganfallbehandlung bereits weiterreichende interdisziplinäre Rehabilitationsmaßnahmen einzuleiten und damit eine Versorgungslücke zu vermeiden.

Auf der Station stehen neben acht technisch und personell hochgerüsteten Überwachungsbetten für die Akutphase weitere 13 Enhanced-Care-Betten für die direkt anschließende Zeit zur Verfügung. Hier wird also nicht mehr der Patient verlegt, sondern die Intensität und Art der Behandlung seinem individuellen Zustand angepasst. Das über den gesamten Aufenthalt hinweg gleichbleibende Team aus besonders Schlaganfall-erfahrenen Ärzten, Pflegern, Physio-, Ergo-, Sprach- und Schlucktherapeuten garantiert eine spezialisierte Betreuung des Patienten aus einer Hand und im Einklang mit dem aktuellsten Stand des Wissens.

Frankfurter Vorreiterrolle bestätigt

Diese Kontinuität von Akut- und Postakutphase stammt ursprünglich aus Skandinavien und England. Das Konzept hat in wissenschaftlichen Studien zu den bisher besten Langzeitergebnissen der Schlaganfallbehandlung bezüglich Sterblichkeit, Unabhängigkeit von fremder Hilfe sowie der Notwendigkeit der Unterbringung in einem Pflegeheim geführt. Das Frankfurter Neurozentrum hat als erste deutsche Universitätsklinik bereits vor einigen Jahren mit der Entwicklung und dem Aufbau einer solchen Erweiterten Schlaganfalleinheit begonnen. Am 23. April 2013 wurde sie von der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft und der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe als erste überregionale Comprehensive Stroke Unit der Rhein-Main-Region offiziell zertifiziert.
In Rekordtempo an die Wurzel des Übels

Für das Behandlungsergebnis beim Schlaganfall zählt jede Minute. Die Zeit vom Beginn der Symptome bis zur Wiederöffnung der durch den Schlaganfall verstopften hirnversorgenden Arterie ist entscheidend. Das stoffwechselaktive Gehirngewebe kann ohne Sauerstoff und Glukose nicht lange überleben. Wie schnell die Patienten in einem Krankenhaus behandelt werden, lässt sich an der sogenannten „door to needle“-Zeit ablesen – also der Zeit von der Einlieferung ins Krankenhaus bis zum Beginn der Behandlung der Schlaganfallsursache: die Auflösung des verantwortlichen Gerinnsels (Thrombolyse). Für überregionale Stroke Units wie die am Universitätsklinikum Frankfurt wurde deshalb von der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft eine „door to needle“-Zeit von unter 30 Minuten als Ziel festgelegt. In dieser Zeit wird der Patient vom Rettungsdienst entgegengenommen und zum Ausschluss alternativer Ursachen werden eine Labordiagnostik und eine CT-Untersuchung des Gehirns durchgeführt. Daneben stellen die Ärzte durch Befragung von Patienten und Angehörigen sowie durch eine sorgfältige neurologische Untersuchung sicher, dass die Symptome des Patienten tatsächlich auf einen Schlaganfall zurückzuführen sind.

Seit Ende letzten Jahres gibt es am Frankfurter Uniklinikum ein designiertes Stroke Team. Durch eine automatische, simultane Benachrichtigung über das Diensthandy werden zwei Ärzte sowie der Oberarzt der Stroke Unit, eine spezialisierte Stroke-Pflegekraft, die Medizinisch-technische Assistentin im Labor und das CT-Team zusammengerufen.

Dank einer schriftlich festgelegten Arbeitsanweisung kennt jeder seine Aufgaben für einen reibungslosen Ablauf. Mit diesen Maßnahmen konnte die durchschnittliche „door to needle“-Zeit in den letzten Monaten auf unter 20 Minuten gesenkt werden. Damit liegt sie deutlich unter dem Zielwert der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft und auf einem deutschlandweit kaum erreichten Niveau.

Media Contact

Ricarda Wessinghage idw

Weitere Informationen:

http://www.kgu.de

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