Schlaganfall: Weltweit erkranken immer mehr jüngere Menschen

Dies zeigt eine neue Auswertung der weltweit ausgerichteten„Global Burden of Disease“-Studie, die im Januar 2014 in der renommierten Fachzeitschrift „Lancet“ veröffentlicht wurde. So ist in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren die Sterberate deutlich gesunken, wohingegen beispielsweise in Russland besonders viele Menschen am Schlaganfall sterben.

Für die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) ist dies Anlass, auf unterschätzte Risikofaktoren der Erkrankung hinzuweisen, zu denen hoher Blutdruck, Rauchen, hohe Blutzuckerwerte, Bewegungsmangel und falsche Ernährung gehören.

In Deutschland ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für Behinderungen bei Erwachsenen. Weltweit haben im Jahr 2010 schätzungsweise 16,9 Millionen Menschen einen Schlaganfall erlitten und 5,9 Millionen von ihnen sind durch den Hirninfarkt gestorben. Die Gesamtzahl der „Lebensjahre mit Behinderung“, oder – anders ausgedrückt – der Verlust der Jahre in unversehrter Gesundheit, disability-adjusted life years (DALY) genannt, berechneten die Experten mit 102 Millionen Lebensjahren. Dies geht aus einer aktuellen Auswertung der Global Burden of Disease-Studie hervor, einem Projekt der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltbank. Das Projekt verfolgt seit dem Jahr 1990 die Entwicklung der häufigsten Erkrankungen. In den untersuchten 20 Jahren ist es weltweit zu einem Anstieg der Schlaganfälle um 68 Prozent gekommen. Die Zahl der Todesfälle nahm um 26 Prozent, die Zahl der Lebensjahre mit Behinderungen um 12 Prozent zu.

„Der Anstieg der Krankheitslast ist nicht allein die Folge der steigenden Lebenserwartung“, erläutert Professor Dr. med. Gerhard F. Hamann, 1. Vorsitzender der DSG und Direktor der Klinik für Neurologie an den Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden. Erschreckend sei auch, dass immer mehr jüngere Menschen einen Schlaganfall erleiden. Betrug der Anteil der 20- bis 64-Jährigen 1990 noch 25 Prozent, so entfielen 2010 bereits 31 Prozent aller Schlaganfälle auf diese Altersgruppe. Zudem tritt mittlerweile weltweit jeder 20. Schlaganfall bei Jugendlichen und Kindern auf.

„Die aktuelle Studie hat zwar nicht die Gründe für den weltweiten Anstieg untersucht, wir gehen aber davon aus, dass in vielen Ländern mit dem Wohlstand auch die Risikofaktoren gewachsen sind“, ergänzt Professor Dr. med. Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik für Neurologie am Uniklinikum Essen und Pressesprecher der DGN.

Die häufigsten Ursachen von Schlaganfällen sind ein zu hoher Blutdruck und Vorhofflimmern, die durch eine gesunde Lebensweise vermieden oder durch medizinische Behandlung gebessert werden können. „Auch hohe Cholesterinwerte, Diabetes, Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Bewegungsmangel, Übergewicht und eine ungesunde Ernährung tragen zum Risiko bei“, fügt der Experte aus Essen hinzu.

Die meisten Schlaganfälle sind Folge einer Durchblutungsstörung im Gehirn. Der Blutfluss stockt, weil die Gefäße durch Verkalkungen verengt sind und durch ein Blutgerinnsel verstopft wurden. In etwa 15 Prozent kommt es zu Massenblutungen im Gehirn, bedingt durch zu hohen Blutdruck. Diese sogenannten hypertensiven Blutungen kommen hauptsächlich in Gehirnabschnitten vor, in denen sich Gefäße mit eher dünnerer Wand befinden. Eine weitere Auswertung der Global Burden of Disease-Studie in Lancet Global Health zeigt, dass mehr als die Hälfte aller Todesfälle (51,7 Prozent) durch Hirnblutungen entstanden sind. Von diesen sind dem Bericht zufolge bevorzugt Menschen im mittleren Lebensalter betroffen.

Die Situation hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten vor allem in den Entwicklungsländern und den Schwellenländern verschlechtert, auch die Länder Osteuropas gehören dazu. In Russland ist die Zahl der Neuerkrankungen (Inzidenz genannt) am Schlaganfall in den letzten beiden Jahrzehnten von 322 auf 371 pro 100.000 Einwohner gestiegen. In Deutschland ist die Inzidenz im gleichen Zeitraum von 176 auf 141 pro 100.000 Einwohner gesunken. Noch deutlicher sind die Unterschiede bei der Sterblichkeit. In Russland kamen 1990 auf 100.000 Einwohner jährlich 137,7 Schlaganfalltodesfälle, in Deutschland waren es nur 21,1. Dies sind dramatische Unterschiede, die sicherlich auch gesellschaftliche Ursachen haben. „Sicher ist aber auch, dass ein Schlaganfall durch eine gesunde Lebensweise in hohem Maße vermeidbar ist und dass die gute Schlaganfallversorgung in Deutschland erfreulicherweise zu einem Rückgang der Neuerkrankungen geführt hat. Allerdings steigt die Gesamtzahl der Patienten nach einem Schlaganfall an“, sagt Professor Dr. med. Joachim Röther, Chefarzt der Neurologischen Klinik der Asklepios Klinik Altona und Pressesprecher der DSG. „Jeder einzelne Mensch kann hier einen Beitrag leisten und auf gesunde Ernährung, Bewegung und gute Blutdruckwerte achten sowie auf Nikotin und erhöhten Alkoholkonsum verzichten. Durch eine konsequente Beachtung und ggf. Behandlung aller Risikofaktoren könnten etwa 70 Prozent aller Schlaganfälle verhindert werden.

Literatur:
Feigin VL et al: Global Burden of Diseases, Injuries, and Risk Factors Study 2010 (GBD 2010) and the GBD Stroke Experts Group. Global and regional burden of stroke during 1990-2010: findings from the Global Burden of Disease Study 2010. Lancet 2014 Jan 18;383(9913):245-54. Abstract: http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736%2813%2961953-4/ab…

Krishnamurthi R et al. Global and regional burden of first-ever ischaemic and haemorrhagic stroke during 1990—2010: findings from the Global Burden of Disease Study 2010. Lancet Global Health 2013; 1: e259-e. Abstract: http://www.thelancet.com/journals/langlo/article/PIIS2214-109X%2813%2970089-5/ab…

Fachlicher Kontakt bei Rückfragen:

Prof. Dr. med. Joachim Röther
Pressesprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)
Chefarzt der Neurologischen Abteilung
Asklepios Klinik Altona, Paul-Ehrlich Straße 1, 22763 Hamburg
Tel.: +49 (0)40 1818 81-1401, Fax: +49 (0)40 181881-4906
E-Mail: j.roether@asklepios.com

Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener
Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)
Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55, 45122 Essen
Tel.: +49 (0)201 7232460, Fax: +49 (0)201 7235901
E-Mail: hans.diener@uk-essen.de

Kontakt für Journalisten:
Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft
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Fax: 0711 8931-167
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