Parkinson mit Ultraschall frühzeitig erkennen

In Deutschland erkranken jährlich etwa 13 000 Menschen neu an Morbus Parkinson – auch Schüttelkrankheit genannt. Mithilfe einer Ultraschalluntersuchung des Gehirns, der sogenannten transkraniellen Sonografie, können Mediziner die Erkrankung erkennen, bevor Patienten Bewegungsstörungen und das typische Händezittern zeigen.

Ziel der Forschung ist es, den Krankheitsverlauf künftig in frühen Stadien medikamentös zu bremsen. Angesichts dieser Entwicklung sprechen sich Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) dafür aus, ein Früherkennungs-Screening für Risikogruppen auf Basis des Hirnultraschalls zu etablieren.

Bei der Parkinsonerkrankung gehen nach und nach Nervenzellen in der „Substantia nigra“ zugrunde, einem Teil des Mittelhirns. Beim Gesunden produzieren sie den Nervenbotenstoff Dopamin, der auch Bewegungen steuert. Ziel der Parkinsonforschung ist die Entwicklung von Medikamenten, die diese Zellen schützen und so das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten.

„Eine Behandlung mit neuroprotektiven Medikamenten ist aber nur bei Patienten erfolgversprechend, bei denen die Krankheit früh diagnostiziert wird“, erklärt Professor Dr. med. Christof Klötzsch, Leiter der DEGUM Sektion Neurologie. Meist werde die Krankheit jedoch erst erkannt, wenn die Patienten auffällige Bewegungsstörungen zeigten: „Nach heute gültigen Kriterien sind zum Zeitpunkt der Diagnose bereits 30 bis 70 Prozent der dopaminproduzierenden Nervenzellen zerstört“, so der Chefarzt der Abteilung Akutneurologie der Kliniken Schmieder Allensbach und der Neurologischen Abteilung des Hegau-Klinikum Singen.

Um möglichst vielen Patienten einen frühen Therapiebeginn zu ermöglichen, sei es entscheidend, ein strukturiertes Screeningverfahren für Risikogruppen zu entwickeln, erklärt Professor Dr. med. Uwe Walter, stellvertretender Direktor der Klinik für Neurologie und Poliklinik am Universitätsklinikum Rostock. Hierfür biete sich die transkranielle Ultraschalldiagnostik an:„Der Hirnultraschall ist – neben motorischen Tests und der Prüfung der Riechfähigkeit – eine einfach anwendbare und kostengünstige Methode, um die Krankheit im Frühstadium zu entdecken“, so Walter.

Für die Untersuchung setzt der Arzt den Ultraschallkopf an die Schläfe und kann so – bei den meisten Menschen – durch ein kleines natürliches Fenster in der Schädeldecke das Gehirn begutachten. „Bei etwa 90 Prozent aller Parkinson-Erkrankten werden die Ultraschallwellen in der Substantia nigra verstärkt reflektiert“, erklärt Walter, „und zwar schon bevor sie Symptome zeigen“. Als alleiniges Diagnosemerkmal reiche der Ultraschallbefund allerdings nicht aus. Denn auch bei neun Prozent der Gesunden zeigt sich die Region auffällig. Erst die Kombination mit weiteren frühen Signalen einer Parkinsonerkrankung, wie leichten Störungen der Bewegungsabläufe, Riechstörungen, Darmentleerungsstörungen oder unklaren Schmerzen führt zum Krankheitsverdacht.

Um die Diagnose zu erhärten, können nuklearmedizinische, genetische und biochemische Verfahren und mikroskopische Untersuchungen von Gewebeproben zum Einsatz kommen, empfiehlt Walter.

Nach den derzeitigen Erkenntnissen haben nahe Verwandte von Betroffenen, Personen mit Depressionen, bestimmten Schlafstörungen oder eingeschränktem Geruchssinn ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. „Sollten in Zukunft tatsächlich Medikamente zugelassen werden, die eine effektive Neuroprotektion ermöglichen, könnten diese Personen von einem Screening und – gegebenenfalls – von einem frühen Therapiebeginn profitieren“, so Walter. Allerdings sei in diesem Zusammenhang das Recht auf Selbstbestimmung unbedingt zu wahren.

Literatur:
Hirnsonografie, Riechtestung und motorische Testverfahren in der Frühdiagnose des idiopathischen Parkinson-Syndroms. Walter, U.; Klucken, J.; Benecke, R.; Winkler, J.: Aktuelle Neurologie; Ausgabe 03, 2012 Akt Neurol 2012; 39: 127-134
Sektion Neurologie der DEGUM
http://www.degum.de/Neurologie.258.0.html
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