Ohr regelt Lärmschutz selbst

Regelmäßige Besucher von Rockkonzerten oder Diskotheken könnten ihr noch funktionierendes Gehör einem speziellen Schutzmechanismus im Innenohr verdanken. Mediziner der Johns-Hopkins-University in Baltimore entdeckten, dass ein bestimmtes Protein bei Mäusen, die mit Diskolautstärke beschallt wurden, die Hörempfindlichkeit senkt und sie vor dauerhaftem Gehörverlust schützt.

Dieser Mechanismus könnte einmal zur Entwicklung von Medikamenten führen, die Menschen auf Baustellen oder bei Konzerten vor Gehörverlust schützen, berichtet der im Online-Fachjournal PloS Biology veröffentlichte Forschungsbericht.

Der Schlüssel für das Absenken der Empfindlichkeit liegt in den äußeren Haarzellen des Innenohrs. Das hier beheimatete sogenannte nAChR-Protein reagiert auf extrem laute Signale und bremst die Aktivität der Haarzellen in der Gehörschnecke, die für die Umwandlung der Schallwellen in elektrische Impulse verantwortlich sind. Damit gelangen die Impulse nur mit verminderter Stärke ins Gehirn und bilden einen gewissen Schutz für die Hörzellen. Dass das Ohr die Hörempfindlichkeit herabsetzt, hatte man schon bisher vermutet, ohne jedoch den dahinterliegenden Mechanismus zu kennen.

Um diesen zu erforschen, züchteten die Forscher Mäuse mit einem erhöhten Anteil des nAChR-Proteins. Ihr Gehör zeigte besonders bei leisen Geräuschen Einschränkungen, wodurch sich zunächst der Einfluss des Proteins auf die Hörfähigkeit bestätigte. Dann wurden die schwerhörigen Tiere einer Lautstärke von 100 Dezibel ausgesetzt, was ihr Hörvermögen weiter reduzierte. Die Verschlechterung war jedoch weit weniger stark als bei den Mäusen ohne Genmutation, die im Vergleichstest beschallt wurden. Die dauerhafte Tätigkeit der als Schaltstelle funktionierenden Haarzellen könne daher ohne Gehirnbefehl reduziert werden, schlossen die Forscher.

Studienleiter Paul Fuchs glaubt, dass weitere Forschungen den Weg für besseren Schutz vor Hörschäden ebnen könnten. „Die Funktionsweise des Innenohrs ist noch immer nicht genügend erforscht. Hoffnung gibt die Erkenntnis, dass bei molekularen Mechanismen wie dem nAChR-Protein der Haarzellen eindeutig zuordenbare genetische Produkte mitspielen.“

Eines Tages könnten Medikamente entwickelt werden, die die Funktion des mutierten Gens imitieren. Bis dahin rät Fuchs, die Zeit auf Rockkonzerten zu beschränken oder Ohrenstöpsel zu tragen. Denn sind Haarzellen einmal durch Lärm zerstört, können sie nicht wiederhergestellt werden.

Media Contact

Johannes Pernsteiner pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.hopkinsmedicine.org

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