Neuer Therapiestandard für Nebennierenkrebs

Eine internationale Studie zeigt nun erstmals, mit welcher Chemotherapie sich dieser Tumor am besten behandeln lässt. Koordiniert wurde die Studie am Universitätsklinikum Würzburg.

Nebennierenkarzinome werden zu den seltenen Krankheiten gerechnet: In Deutschland treten pro Jahr „nur“ 80 bis 120 Fälle auf. Betroffen sind oft auch junge Menschen im Alter von 20 bis 40 Jahren. Die Aussichten auf Heilung stehen schlecht; mehr als die Hälfte der Patienten sterben in den ersten drei bis vier Jahren nach der Diagnosestellung.

Was ein Nebennierenkarzinom so gefährlich macht: Viele Patienten haben schon zu Beginn der Erkrankung Metastasen im Körper, meistens in Leber, Lunge und Knochen. Darum bricht der Krebs auch nach der operativen Entfernung des Tumors – sofern diese überhaupt möglich ist – häufig wieder aus.

„Wie diese Krebskrankheit im fortgeschrittenen Stadium am besten zu behandeln ist, war bislang nicht klar“, sagt Martin Fassnacht vom Würzburger Universitätsklinikum. Darum wurde im Jahr 2004 die große internationale Studie FIRM-ACT gestartet. Ihr Ziel: Die beiden Chemotherapie-Strategien zu vergleichen, die den größten Erfolg versprechen.

Resultate der Studie veröffentlicht

Die Ergebnisse der Studie sind jetzt online im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. Resultat: Eine Chemotherapie mit einer Kombination aus den vier Medikamenten Mitotane, Etoposid, Doxorubicin und Cisplatin erwies sich als deutlich effektiver als die Behandlung mit einer Zweierkombination aus Mitotane und Streptozotocin.

Mit der Viererkombination lebten ein Jahr nach dem Beginn der Behandlung noch 26 Prozent der Patienten, ohne dass die Erkrankung in dieser Zeit weiter voranschritt. Mit der Zweierkombi waren es nur sieben Prozent. Bei der Viererkombination war zudem die Zahl der Patienten, bei denen sich die Tumormasse verkleinerte, deutlich größer.

„Die Viererkombination ist damit deutlich effektiver. Ab nun wird sie darum die Standardtherapie bei dieser Erkrankung sein. Aber trotz dieser Verbesserung sterben immer noch sehr viele Patienten, und das ist natürlich sehr frustrierend“, so Fassnacht.

Vernetzung wertvoll für Patienten

Die an der Studie beteiligten Zentren wollen nun weiter daran arbeiten, die Behandlung zu verbessern. „Dank dieser Studie sind die internationalen Zentren für Nebennierenkarzinome jetzt erstmals sehr gut vernetzt. Das wird für die Patienten auf lange Sicht zu neuen, wirksameren Therapien führen“, sagt Professor Bruno Allolio, Leiter der Endokrinologie am Universitätsklinikum Würzburg und Mitautor der Studie.

Fakten zur Studie FIRM-ACT

Insgesamt waren 304 Patienten mit einem Nebennierenkarzinom im fortgeschrittenen Stadium in die Studie eingebunden. Betreut wurden sie an 40 medizinischen Zentren in zwölf Ländern in Europa, Australien und den USA. Damit ist FIRM-ACT weltweit die bislang größte Studie ihrer Art. Sie hat laut Martin Fassnacht mehr Patienten untersucht als alle bisherigen Chemotherapiestudien beim Nebennierenkarzinom zusammen.

Aus Deutschland kamen 103 Patienten. 58 davon wurden am Würzburger Universitätsklinikum betreut, unter Mitwirkung des hiesigen Zentrums für Krebsforschung und -behandlung (Comprehensive Cancer Center Mainfranken). Neben Würzburg waren in Deutschland 19 weitere universitäre Einrichtungen an der Studie beteiligt.

International koordiniert wurde die Studie am Universitätsklinikum Würzburg, geleitet wurde sie gemeinsam von Martin Fassnacht und Britt Skogseid vom Universitätsklinikum in Uppsala (Schweden). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat die Studie mit 1,7 Millionen Euro maßgeblich gefördert.

„Combination Chemotherapy in Advanced Adrenocortical Carcinoma”, Fassnacht M., Terzolo M., Allolio B., et al., New England Journal of Medicine, online first, May 2, 2012, doi 10.1056/NEJMoa1200966

Kontakt

PD Dr. Martin Fassnacht, Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Würzburg, T (0931) 201-39021, fassnacht_m@medizin.uni-wuerzburg.de

Zur Homepage der Studie FIRM-ACT: http://www.firm-act.org

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Robert Emmerich idw

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