Neuer Detektor für Stress und Depressionen

Bis zu 90 Prozent der psychischen Erkrankungen werden von Hausärzten behandelt, die aber die wahren Ursachen häufig nicht erkennen. Das könnte sich ändern. Einem Forscherteam der Universität Trier ist es gelungen, ein Set zu entwickeln, das die Auslöser psychischer und psychosomatischer Beschwerden aufdeckt. Dadurch können die Krankheiten effektiv behandelt werden.

Stress, Burnout, Depression: Psychische Probleme haben sich zur Volkskrankheit Nummer eins und zu einem enormen Kostenfaktor für das Gesundheitssystem und die Arbeitswelt entwickelt. Das Dilemma: Viele Erkrankte wissen nicht, dass ihre Be-schwerden psychisch bedingt sind. Der Arztbesuch hilft oft nicht weiter. Allgemeinmediziner behandeln zwar bis zu 90 Prozent aller depressiv Erkrankten, erkennen die Auslöser aber häufig nicht. Das könnte sich grundlegend ändern. An der Universität Trier hat eine Forschergruppe unter Leitung des Psychobiologen Prof. Dirk Hellhammer eine Methode entwickelt, um die wahren Ursachen solcher Störungen frühzeitig aufzudecken, sodass Ärzte sie effektiv behandeln können. Patienten in Rhein-land-Pfalz haben als erste die Chance, das neu entwickelte, aber bereits ausgiebig getestete „Neuropattern-Verfahren“ kostenfrei und weitgehend selbstständig anzuwenden. Bei der Behandlung können sie später aktiv mitarbeiten.

Das Ergebnis von zehn Jahren Forschungsarbeit steckt in einem Karton der Größe eines Schul-Atlasses: 16 Röhrchen, eine Tablette, ein Mini-EKG, ein Fragebogen. Mehr braucht es nicht, um psychischen Erkrankungen auf die Schliche zu kommen. „Unsere Methode misst biologische Signale und setzt sie in Beziehung zu psychischen und körperlichen Stressreaktionen. Unser Ziel ist es, sie zu diagnostizieren und dabei zu helfen, sie individuell zu behandeln“, erläutert Prof. Hellhammer das Verfahren allgemeinverständlich. „Neuropattern ist auch weltweit der erste Versuch, das Wissen der Grundlagenforschung systematisch in die Patientenversorgung einzubringen. Wir hoffen, dass auf diese Weise eine nachhaltige Verbesserung von stresskranken Patienten erreicht werden kann.“

Über teilnehmende Hausärzte, die mögliche Ausschlusskriterien ihrer Patienten prüfen, kann das Neuropattern-Set angefordert werden. Nach einer Einweisung führt der Erkrankte die erforderlichen Tests – überwiegend per Speichelproben – zu Hause durch. Die Auswertungen der Proben und Messungen dienen als Grundlage für eine erfolgreiche Therapie. Patienten können die Behandlung aktiv unterstützen. Sie erhalten Zugang zu einem Online-Service mit individuellen Angeboten zur Selbsthilfe, die auch Wartezeiten für psychotherapeutische Behandlungen überbrücken sollen.

Das nun vorliegende Neuropattern II-Set wurde innerhalb von acht Jahren auf der Basis der Daten von mehr als 2200 Patienten und Probanden erfolgreich entwickelt. Mit Hilfe von Patienten mit psychischen und psychosomatischen Beschwerden soll jetzt die Effizienz der Neuropattern wissenschaftlich belegt werden. Knapp 20 Mediziner im ganzen Landesgebiet sind Ansprechpartner. Patienten können aber auch ihren Hausarzt zur Teilnahme an der Studie auffordern.

Wie teuer die Volkswirtschaft Gesundheitsstörungen durch Stress zu stehen kom-men, zeigen einige Zahlen. Rund 65 Milliarden Euro kosten jährlich Arztbesuche, Medikamente und Fehlzeiten am Arbeitsplatz aufgrund von Stress und Depressio-nen. Knapp 38 Prozent aller Frührentner wurden 2009 in Deutschland wegen psychi-scher Erkrankungen vorzeitig in den Ruhestand geschickt. 1993 waren es mit 15 Prozent nicht einmal halb so viele. Auch die Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Probleme hat sich seit 1990 verdoppelt. „Das kann sich nur ändern, wenn psychische und psychosomatische Gesundheitsstörungen frühzeitig und effizient von den Ärzten behandelt werden, die die Primärversorgung dieser Patienten durchführen“, sagt Hellhammer.

Ausführliche Informationen und eine Liste der teilnehmenden Hausärzte gibt es tele-fonisch werktags zwischen 9 und 17 Uhr unter 0651/201-3680, per Mail: office@neuropattern.de oder im Internet unter http://www.uni-trier.de/index.php?id=5678

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Peter Kuntz idw

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