Magenkrebs: Neue Methode kann Totaloperation ersparen – minimal invasiver Eingriff entfernt den Krebs gezielt

Mit einer neuen minimal invasiven Technik können Ärzte jetzt in vielen Fällen während einer Magenspiegelung den Krebs gezielt entfernen, den Magen aber als Ganzes belassen. Möglich macht dies unter anderem die immer frühere und genauere Entdeckung bösartiger Veränderungen.

Darüber berichtet Priv.-Doz. Dr. Siegbert Faiss, Chefarzt der Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Asklepios Klinik Barmbek, in der aktuellen Ausgabe der Asklepios-Ärzteschrift medtropole.

Außerdem präsentiert Faiss das neue Verfahren am kommenden Wochenende auf dem 16. Endo Club Nord, dem größten internationalen Live-Endoskopiekongress, vor mehr als 2.000 Kollegen aus aller Welt.

Endoskopische Kameras liefern heute hochauflösende Bilder vom Zustand des Magens und seiner Schleimhaut. Hier liegt die Chance für das neue Verfahren, die endoskopische Submukosa-Dissektion (ESD). Hinter dem Fachbegriff verbirgt sich nichts anderes als das gezielte Abtragen von Teilen der Verbindungsschicht (Submukosa) zwischen Magenschleimhaut und Magenwand. Ist der Krebs bereits in die aus glatten Muskelzellen bestehende Magenwand eingedrungen, ist oft eine Totaloperation notwendig. Wird dagegen ein früher Krebs rechtzeitig erkannt, kann er heute mit dem Endoskop komplett aus dem Magen geschnitten werden, ohne dass die Magenwand mit entfernt werden muss. Dabei ist der Zeitfaktor von entscheidender Bedeutung. Die Tiefe, in die sich Krebsgeschwüre oder ihre Vorstufen in die Schleimhaut und die darunter liegende Submukosa vorgearbeitet haben, entscheidet über den Erfolg der neuen endoskopischen Methode. Auch die Ausbreitung in der Fläche spielt eine Rolle. Generell gilt: je weniger, desto besser die Chance, mit dem minimal invasiven Eingriff den Krebs oder seine Vorstufen zu entfernen und den Magen als Ganzes zu erhalten.

Auch bei Krebs in der Speiseröhre erfolgreich

Die neue Methode lässt sich auch in der Speiseröhre anwenden. In Speiseröhre und Magen bestehen die besten Aussichten auf Erfolg, wenn lediglich die Magenschleimhaut durch Krebszellen befallen ist, die darunter liegende Schicht jedoch noch nicht. Zwar wird auch bisher schon die erkrankte Magenschleimhaut endoskopisch entfernt, wenn sich dort frühe Krebsstadien finden. Das Hauptproblem dieser Methode war jedoch, dass die Mediziner bei größerem Befall den Krebs bisher nicht in einem Stück entfernen konnten, sondern nur stückweise. Indem sie jetzt die unter der Magenschleimhaut liegende Submukosa gleich mit abtragen, können sie das kranke Gewebe komplett aus dem Magen entfernen. Das ist wichtig, um es im Anschluss an die Operation möglichst genau untersuchen zu können. Nur dann kann der Pathologe feststellen, dass kein krankes Gewebe mehr im Magen ist – unerlässlich für den Erfolg der Therapie und den Erhalt des Magens als Ganzes.

So funktioniert die ESD
Mit der endoskopischen Submukosa-Dissektion (ESD) ist es erstmals möglich, Krebsgeschwüre aus dem Magen in einem Stück zu entfernen. Gegenüber dem bisherigen Abtragen von Geschwülsten auf der Magenschleimhaut geht das neue Endoskopieverfahren eine Schicht tiefer und greift in die Zwischenschicht (Submukosa) ein. Der eigentliche Magenmuskel wird dabei geschont. Um das kranke Gewebe von der Muskelschicht zu trennen, injiziert der Arzt bei dem Eingriff zunächst eine Flüssigkeit in die Submukosa, die die erkrankte Schleimhautschicht vom Untergrund abhebt. Danach schneidet er mit speziellen endoskopischen Schneidewerkzeugen die Magenschleimhaut großflächig um die betroffene Stelle ein. Im nächsten Schritt wird das Bindegewebe darunter, die Submukosa, abgelöst. So lassen sich befallene Stellen großflächig entfernen. Auf diese Weise entstehen zudem saubere Schnitte, es kommt seltener zu Rückfällen. Allerdings dauert der Eingriff länger als bisherige endoskopische Verfahren. Zudem muss vorher geklärt werden, ob in der Submukosa verlaufende Lymph- oder Blutgefäße befallen sind. Idealerweise lassen sich mit der ESD frühe Krebsstadien sicher entfernen und das Risiko für die Entstehung von Tochtergeschwülsten (Metastasen) sinkt unter fünf Prozent. Für eine endgültige Risikoabschätzung im weiteren Verlauf ist daher die Untersuchung des entnommenen Gewebes maßgebend. Erst sie zeigt, ob die endoskopische Operation ausreichend war. Um in Deutschland eine Übersicht über den Stand der ESD zu gewinnen, haben sich mehrere Kliniken unter Federführung der III. Medizinischen Abteilung der Asklepios Klinik Barmbek zusammengeschlossen, und ein gemeinsames deutschlandweites Register eingerichtet, das Daten über Eingriffe mit dieser Methode verzeichnet. Beteiligt ist auch die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS).

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