Warum können Mäuse einen Schlaganfall folgenlos überstehen?

Im Laborversuch überstehen Mäuse mit bestimmten Veränderungen im Blutgerinnungssystem einen Schlaganfall ohne bleibende Schäden.

Warum das so ist, und wie man diese Erkenntnis zur Vorbeugung und Behandlung des Schlaganfalls bei Risikopatienten nutzen kann, haben Dr. Mirko Pham und seine Mitarbeiter von der Abteilung für Neuroradiologie der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg (Ärztlicher Direktor: Professor Dr. Martin Bendszus) herausgefunden. Die Wissenschaftler entwickelten dafür eine neue Methode der Kernspintomographie, mit der sich die Gehirndurchblutung an lebenden Versuchstieren mit hoher Genauigkeit beobachten lässt.

Das Team um Assistenzarzt Dr. Pham untersuchte Mäuse, die den Blutgerinnungsfaktor F XII nicht produzieren können. Diese Tiere entwickelten trotz eines Gefäßverschlusses keine Hirninfarkte. Erst mit dem innovativen Verfahren der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) zeigte sich, weshalb:

Zwar bilden sich – wie beim Menschen – als Reaktion auf die Durchblutungsstörung zunächst Blutgerinnsel in den Gefäßen des Gehirns, diese lösen sich aber schnell wieder auf. Das Gehirn wird wieder vollständig durchblutet und mit Sauerstoff versorgt. Anders beim Menschen: Hier können auch Medikamente die Bildung stabiler Blutgerinnsel oft nicht verhindern, ohne dass es zu einer erhöhten Blutungsgefahr kommt.

Gerinnungsfaktor entscheidend

„Der Gerinnungsfaktor F XII ist entscheidend für die Stabilität der Blutgerinnsel“, erklärt Dr. Pham. „Ihn mit Medikamenten zu blockieren, könnte daher eine neue Strategie zur gezielten Vorbeugung von Schlaganfällen sein.“ Von einer solchen Prophylaxe könnten in Zukunft Menschen mit hohem Schlaganfallrisiko profitieren sowie Patienten, die sich bestimmten Operationen oder Kathetereingriffen unterziehen müssen. Für seine Arbeit ist Dr. Pham nun von der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie mit dem mit 2.500 Euro dotierten Kurt-Decker-Preis ausgezeichnet worden.

Bei dem neuen Verfahren der Heidelberger Forscher handelt es sich um eine sogenannte funktionelle Ultra-Hochfeld-MRT, die eine um ein Vielfaches höhere Magnetfeldstärke (17,6 Tesla) aufbaut als Geräte, die bisher bei Patienten zum Einsatz kommen (bis 3 Tesla). So können die Wissenschaftler selbst winzige Details im Maushirn darstellen. Bislang war dies am lebenden Tier nicht möglich. Mit dem neuen Verfahren wollen die Mediziner jetzt weitere Gerinnungsmechanismen im Gehirn untersuchen und im Hinblick auf neue Medikamente besser verstehen lernen.

Literatur:
Pham M, Kleinschnitz C, Helluy X, Bartsch AJ, Austinat M, Behr VC, Renné T, Nieswandt B, Stoll G, Bendszus M.: Enhanced cortical reperfusion protects coagulation factor XII-deficient mice from ischemic stroke as revealed by high-field MRI. Neuroimage. 2010 Feb 15;49(4): 2907-14. Epub 2009 Dec 1. PMID: 19958838 [PubMed – indexed for MEDLINE]
Weitere Informationen über die Abteilung für Neuroradiologie:
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Neuroradiologie.106685.0.html
Ansprechpartner:
Dr. Mirko Pham
Neurologische Klinik
Abteilung für Neuroradiologie
Im Neuenheiner Feld 400
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 75 66
Fax: 06221 / 56 46 73
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