Die Leber wächst mit ihren Aufgaben, dann schrumpft sie!

Übergewicht, Fehlernährung und Diabetes – Was bedeutet das für die Leber?

Die Leber ist ein Speicher- und Stoffwechselorgan unseres Körpers. Sie sorgt dafür, dass unter anderem Kohlehydrate und Eiweiß in Fett umgewandelt werden. Wird sie mit zuviel Aufgaben betraut, dann kann sich schnell eine so genannte Fettleber entwickeln. „Früher war man der Ansicht, dass nur bei Alkoholmissbrauch eine Fettleber entstehen kann,“ sagt Prof. Dr. Peter Galle, Mitglied des Vorstands der Gastro-Liga e.V. anlässlich des 10. Deutschen Lebertages (20. November 2009).

Inzwischen sei aber klar, dass falsche Ernährung, Übergewicht und zu wenig Bewegung ebenso für die Entstehung einer Fettleber sorgen könne. Daraus kann dann eine Leberzirrhose und Leberkrebs entstehen. Die Fettleber betrifft einen großen Teil der Bevölkerung, Schätzungen reichen von zehn bis 30 Prozent. Früher gingen Experten davon aus, dass nur ein geringer Anteil davon eine Fettleberentzündung entwickeln, die zu Folgeerkrankungen wie Leberzirrhose und Leberkrebs führen können. „Heute schätzen wir, dass rund fünf bis 15 Prozent der Fettleberpatienten in Deutschland, also bis zu rund drei Millionen Menschen, an einer Fettleberentzündung erkrankt sind,“ sagte Prof. Galle. Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLE) beschreibt ein Erkrankungsspektrum, dass Leberverfettung (Steatosis hepatitis), die nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) und die Fettleberzirrhose umfasst.

Metabolisches Syndrom
Das Erkrankungsspektrum der NAFLE tritt meist in Verbindung mit dem metabolischen Syndrom auf. Das bedeutet, die Wahrscheinlichkeit an einer Fettleber zu erkranken, steigt mit der Erkrankung an Diabetes mellitus, bei Übergewicht und bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders die steigende Zahl der Übergewichtigen in Deutschland wird zu einem weiteren Anstieg der Fettlebererkrankung in den kommenden Jahren führen. Da die Erkrankung bei einem Teil der Patienten zur Leberzirrhose und zu Leberkrebs führt, ist die frühe Diagnosestellung und Modifikation von Risikofaktoren wichtig. Die NAFLE ist eine Ausschlussdiagnose. Zur Stadieneinteilung und Vorhersage des Erkrankungsverlaufs ist eine Leberbiopsie notwendig. Speziell die Insulinresistenz, also Erkrankung an Diabetes mellitus, scheint eine entscheidende Rolle zu spielen. Oxidativer Stress und andere Mechanismen sind ebenfalls von großer Bedeutung (hierzu gehört auch die Einnahme von Medikamenten). Gesicherte Therapieoptionen bestehen in der Reduktion des Körpergewichts unterstützt durch Ernährungsberatung und Verhaltenstherapie. Medikamentöse Therapien zur Verbesserung der Insulinsensitivität und anti-inflammatorische Therapien (Vitamine E) können möglicherweise den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.
Diagnose wegen fehlender Symptome oft schwierig
Die Diagnose einer NAFLE kann erst nach Ausschluss anderer Lebererkrankung gestellt werden. Patienten können Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Oberbauchschmerz oder auch Völlegefühl beklagen. Ein einheitliches Beschwerdebild existiert nicht und selbst im fortgeschrittenen Stadium können Patienten symptomlos sein. Zur Stufendiagnostik haben sich Anamnese und Untersuchung, Labordiagnostik mit Bestimmung von nüchtern Insulin- und Glukosewerten (HOMA-Index) sowie Ultraschalldiagnostik bewährt. Obwohl es Bemühungen gibt, klinische Punktesysteme zu entwickeln, die eine NAFLE und deren Stadium vorhersagen, existieren noch keine gesicherten Verfahren. Zur Diagnostik gehört deshalb neben serologischen und sonographischen Untersuchungen auch weiterhin die Leberbiopsie (Gewebeentnahme). Die histologische Untersuchung des Leberparenchmys (spezifisches Lebergewebe) dient dabei nicht nur dem Ausschluss anderer Lebererkrankungen (Hepatopathien), sondern kann auch herangezogen werden, um die Prognose abzuschätzen. Auch ein oraler Glukosetoleranztest kann helfen, Patienten mit Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen.

Bisher ist keine spezifische medikamentöse Therapie zur Behandlung der NAFLE zugelassen. Wesentlicher Ansatzpunkt zur Verbesserung der Risikofaktoren ist daher die Reduktion des Körpergewichts, die zum Abfall der Leberwerte und zur Verbesserung der Leberhistologie führen kann. Allerdings ist Gewichtsreduktion ohne begleitende Ernährungs- oder Verhaltenstherapie nur selten erfolgreich. Bei Patienten mit morbider Adipositas können bariatrische Therapien, z.B. Magenverkleinerungen durch Magenband, die NAFLE bessern. Medikamentös kann die Reduktion des Körpergewichts durch Einsatz von Orlistat, das die Fettresorption im Darm hemmt, unterstützt werden.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Peter Galle,
Vorstand Gastro-Liga e.V.
Direktor Medizinische Klinik I – Universitätsmedizin Mainz
06131/177 275
galle@1-med.klinik.uni-mainz.de

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Rita Wilp idw

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