Künstliche Nervenzelle vor dem Durchbruch

Der Einsatz künstlicher Nervenzellen beim Menschen scheint in greifbarer Nähe. Das berichten schwedische Forscher am Karolinska Institut http://ki.se und der http://liu.se/en in der Zeitschrift Nature Materials. Die Gruppe um Agneta Richter-Dahlfors und Magnus Berggren schaffte es, die Freisetzung körpereigener Stoffe der Signalweitergabe zwischen Nervenzellen, sogenannte Neurotransmitter, auszulösen. Erste Versuche, auf diese Weise die Gehörregion eines Meerschweinchen-Gehirns zu kontrollieren, verliefen erfolgreich.

Die Herangehensweise der Forscher beruht auf einer Ionenpumpe, die sich stromleitende Kunststoffe zunutze macht. Die Leitfähigkeit von Polymeren-Kunststoffen kennt man seit dem Jahr 2000, was den japanischen Entdeckern damals den Nobelpreis in Chemie verschaffte. „Die Ionenpumpe besitzt eine Elektrode aus diesen Polymeren, die mit Neurotransmittern durchtränkt sind. Je nach Bedarf können diese auf ein elektrisches Signal hin freigesetzt werden und ermöglichen somit den Prozess, mit dem Gehirnzellen üblicherweise miteinander kommunizieren“, so Richter-Dahlfors im pressetext-Interview. Damit könne die Elektrode die Funktionen natürlicher Nervenzellen übernehmen. „Ein Wachstum in bestimmte vom Körper vorgegebene Richtungen schafft eine künstliche Nervenzelle allerdings nicht.“

Bestimmte Einsatzgebiete beim Menschen haben die schwedischen Forscher schon ins Auge gefasst. „Ein laufendes Projekt untersucht die Funktion künstlicher Nervenzellen im Gehörorgan. Es scheint möglich, dass sie Cochlea-Implantate eines Tages ergänzen oder sogar ganz ersetzen.“ Erforscht werde die Anwendung weiters bei Epilepsie, die ebenfalls eine Krankheit mit gestörten Signalwegen darstellt, und auch Parkinson-Erkrankte könnten eines Tages davon profitieren. Derzeitige Versuchsgeräte sind noch mehrere Zentimeter groß, für die Anwendung im Körper sei eine Verkleinerung erforderlich. „Es ist jedoch nicht nötig, die Größe einer einzelnen Nervenzelle zu erreichen. Vielmehr reicht es, Zellen bestimmter Hirnregionen in ihrer Gesamtheit anzusprechen“, erklärt die schwedische Gehirnforscherin.

Die Methode könnte eines Tages eine Reihe gängiger pharmazeutischer Produkte ersetzen. Denn ein großes Manko vieler Medikamente ist, dass sie nach der Einnahme zuerst in den Magen gehen und dort auf den ganzen Körper mit der Konzentration verteilt werden, die für das Erzielen eines Effektes an einer einzigen Stelle notwendig ist. „Statt Chemikalien in den Körper zu pumpen, werden bei dieser Herangehensweise körpereigene Stoffe zielgenau eingesetzt. Vorteilhaft ist vor allem, dass der Ort des Eingriffs lokal beschränkt ist und keine möglichen giftigen Nebeneffekte auftreten“, so Richter-Dahlfors.

Nervenzellen-Signale werden auch bisher schon mit elektrischen Impulsen hervorgerufen, etwa bei Cochlea-Implantaten im Innenohr oder bei direkt im Gehirn platzierten Elektroden. Dabei wird jedoch nicht nur ein Zelltyp, sondern alle Zellen der Umgebung stimuliert, was zu unerwünschten Nebeneffekten wie etwa eine weniger effiziente Weiterleitung führt.

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Johannes Pernsteiner pressetext.austria

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