Krebs: Radioaktive "Trojaner" zerstören aggressive Tumore

Das zeigen Mediziner der Universität Bonn in einer Publikation, die in Kürze im European Journal of Nuclear Medicine and Molecular Imaging erscheint. Die Ergebnisse sind bereits online abrufbar (doi: 10.1007/s00259-010-1610-2). Die so genannte Peptidrezeptor-Radionuklid-Therapie eigne sich allerdings nur im Kampf gegen bestimmte Krebsarten, betonen die Ärzte.

Für die Studie werteten die Ärzte Resultate von insgesamt 81 Patienten mit einem so genannten neuroendokrinen Tumor aus. Seit einigen Jahren gibt es gegen diesen Typ von Karzinomen eine gut verträgliche Behandlungsoption, die Peptidrezeptor-Radionuklid-Therapie (PRRT). „Wir erzielen damit verblüffende Erfolge“, erklärt der Bonner Nuklearmediziner Professor Dr. Hans-Jürgen Biersack; „teilweise sogar in Fällen, die völlig aussichtslos erschienen.“

Bislang behandelte man allerdings nur solche Patienten mit einer PRRT, die unter sehr langsam wachsenden neuroendokrinen Tumoren litten. Bei etwas aggressiveren Verläufen wurde dagegen häufig die Chemotherapie bevorzugt. Augenscheinlich zu unrecht, wie die aktuelle Studie nun zeigt: „Wir haben die PRRT auch bei Betroffenen eingesetzt, deren Tumore eine höhere Teilungsaktivität zeigten“, sagt der Bonner Oberarzt Dr. Samer Ezziddin. „Die Erfolgsquote war mit der bei weniger aggressiven Tumortypen vergleichbar. Sie lag zudem deutlich höher als bei einer klassischen Chemotherapie.“

PRRT funktioniert nur bei bestimmten Tumoren

Die PRRT funktioniert allerdings nur bei so genannten neuroendokrinen Tumoren. Diese bilden auf ihrer Oberfläche massenhaft bestimmte Rezeptoren. Damit schnappen sie sich spezifische Eiweiße in ihrer Umgebung und schleusen sie in die Krebszellen.

Die Ärzte nutzen das aus, indem sie diese Eiweiße wie ein Trojanisches Pferd mit einem Lutetium-Isotop beladen. Das radioaktive Element gelangt so in die Krebszelle und zerstört diese von innen. „Die von Lutetium-177 ausgehende Strahlung hat eine äußerst geringe Reichweite“, betont Ezziddin, der die Methode in Bonn etabliert hat. „Sie büßt schon nach einem Millimeter 90 Prozent ihrer Kraft ein. Wir können also sehr selektiv Tumorzellen zerstören, ohne das umgebende Gewebe zu schädigen.“

Die Therapie umfasst vier Infusionen im Abstand von drei Monaten. Schon wenige Wochen nach dem ersten Durchlauf verbessert sich der Zustand der Betroffenen oft deutlich. Das kann soweit gehen, dass sich die Krankheitssymptome temporär komplett zurückbilden. Selbst Patienten im Endstadium sprechen mitunter so gut auf die Therapie an, dass sie noch einige Jahre leben. Zudem sind die Nebenwirkungen äußerst gering: Bei 40 Prozent aller Kranken verläuft die Behandlung komplett ohne jegliche Begleiterscheinungen wie Übelkeit oder Durchfall. Eine wirkliche Heilung ist allerdings nur in seltenen Fällen möglich.

Die Forscher planen nun eine größere Anschlussstudie. Darin wollen sie unter anderem untersuchen, welche Faktoren den Therapieerfolg beeinflussen. Außerdem wollen sie auch Patienten mit sehr seltenen hochaggressiven neuroendokrinen Tumoren behandeln. Schon jetzt zählt Bonn mit mehr als 250 behandelten Patienten zu den Zentren, die weltweit die meiste Erfahrung mit der Lutetium-PRRT haben.

Kontakt:
Dr. Samer Ezziddin
Leitender Oberarzt der Klinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-19174 (Büro) oder -15181 (Sekretariat)
E-Mail: samer.ezziddin@ukb.uni-bonn.de

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Frank Luerweg idw

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