Kombinationstherapie kann Leukämie heilen

„Leukämie betrifft in Deutschland eine zunehmende Zahl von Menschen“, erklärt Mitverfasser Professor Dr. Andreas Neubauer, der den Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Immunologie an der Philipps-Universität Marburg leitet. Leukämie (Blutkrebs) ist eine Störung der Blutbildung, bei der sich weiße Blutkörperchen unkontrolliert vermehren. Die Krankheit verläuft tödlich, wenn sie nicht behandelt wird.

Das Arzneimittel Imatinib ist das Standardpräparat gegen chronische myeloische Leukämie. Es hemmt die Aktivität des krebsauslösenden Gens BCR-ABL, woraufhin die Krebszellen ein Zelltodprogramm anschalten, so dass sie absterben. Das bewirkt eine deutliche Verbesserung der Therapieergebnisse bei dieser Unterform der Leukämie.

„Die Gefahr bei Imatinib besteht allerdings darin, dass trotz der Behandlung immer einige Leukämiezellen übrig bleiben, weil sie gegen das Medikament resistent sind oder im Verlauf der Behandlung eine Resistenz entwickeln“, führt der Marburger Onkologe Andreas Burchert aus, Erstautor der Publikation.

Um das zu vermeiden, erprobten die Forscher in der aktuellen Studie eine neue Therapie, bei der sie neben Imatinib auch das körpereigene Hormon Interferon einsetzten. „Interferon aktiviert das Immunsystem und kontrolliert dadurch Leukämiezellen, die gegen Imatinib resistent sind“, erläutert der Jenaer Studienkoordinator Andreas Hochhaus.

Das Team behandelte 20 Patientinnen und Patienten mit Imatinib in Kombination mit Interferon. Burchert und Hochhaus beobachteten, dass viele Patienten krankheitsfrei blieben, obwohl sie Imatinib absetzen mussten und weiter ausschließlich Interferon erhielten. Selbst nach bis zu zwölf Jahren seit Diagnosestellung blieben mehr als 70 Prozent der Patienten rückfallfrei. Fast die Hälfte der Patienten konnte später auch Interferon absetzen und lebt ohne jede Therapie seit bis zu fünf Jahren rückfall- und beschwerdefrei.

Die Autoren schlussfolgern, dass eine Kombinationstherapie von Imatinib und Interferon es den meisten Patienten ermöglichen könnte, komplett therapiefrei zu werden. Die Frage, ob dieses neuartige Behandlungskonzept die Zahl derjenigen Patienten erhöhen kann, die dauerhaft ohne Medikamente auskommen, steht derzeit im Fokus der deutschlandweiten klinischen Studie „TIGER“, die durch das Uniklinikum Jena koordiniert wird und in über 100 Behandlungszentren deutschlandweit stattfindet, unter anderem in Marburg und Mannheim.

Die aktuelle Veröffentlichung geht aus einer Klinischen Forschergruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Philipps-Universität hervor, die sich mit Resistenzen gegenüber Krebsmedikamenten befasst (KFO 210). Die zugrundeliegende wissenschaftliche Arbeit wurde außerdem durch die „Deutsche José-Carreras Leukämiestiftung“ und das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) finanziell gefördert sowie durch das pharmazeutische Unternehmen Roche unterstützt.

Originalveröffentlichung: Andreas Burchert & al.: Interferon alpha 2 maintenance therapy may enable high rates of treatment discontinuation in chronic myeloid leukemia, Leukemia 2015, doi: 10.1038/leu.2015.45

Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Professor Dr. Andreas Burchert,
Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Immunologie der
Philipps-Universität Marburg
Tel.: 06421 58-65112
E-Mail: burchert@staff.uni-marburg.de
Internet: http://www.uni-marburg.de/fb20/haematoonkol/forschung/burchert

Professor Dr. Andreas Hochhaus,
Abteilung für Hämatologie und Internistische Onkologie,
Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641 9324206
E-Mail: Andreas.Hochhaus@med.uni-jena.de

Pressemitteilung zur Kombinationstherapie: http://www.uni-marburg.de/aktuelles/news/2010a/0210b
Pressemitteilung zur CML-Forschung: http://www.uni-marburg.de/aktuelles/news/2006/20060310leukaemie

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Johannes Scholten idw - Informationsdienst Wissenschaft

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