Hirntumore: Studienergebnisse aus Deutschland werden die Nebenwirkungen verringern

Diese anaplastischen Gliome sind mittelbösartige Hirntumore, die in Zukunft differenzierter und damit mit weniger Nebenwirkungen behandelt werden können.

Statt wie bisher üblich nach der Operation die erweiterte Tumorregion zu bestrahlen oder Strahlen- und Chemotherapie zu kombinieren, können Ärzte nunmehr den jährlich rund 750 Neuerkrankten in Deutschland eine alleinige Chemotherapie anbieten. Damit werden mindestens gleich gute Resultate erzielt, die Präferenzen und Lebensumstände der Patienten können aber besser berücksichtigt werden.

„Wir haben gezeigt, dass eine alleinige Chemotherapie ebenso gut ist, wie eine Strahlentherapie, bei der man langfristig mit beträchtlichen Nebenwirkungen rechnen muss“, erläuterte Professor Michael Weller, Direktor der Neurologischen Klinik des UniversitätsSpital Zürich auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Nürnberg. „Mit diesem Wissen können nicht nur die Therapiewünsche der Patienten besser berücksichtigt werden, sondern wir haben auch noch einen zweiten Pfeil im Köcher, wenn es zu einem Rückfall kommt“, fügte Weller hinzu.

Weller hatte zusammen mit Professor Wolfgang Wick von der neurologischen Universitätsklinik Heidelberg und weiteren Kollegen in der so genannten NOA-04-Studie 318 Patienten mit anaplastischen Gliomen des WHO-Grads III untersucht, die in Kliniken aus allen 16 Bundesländern behandelt worden sind. Zuvor hatten zwei weitere Untersuchungen jüngeren Datums bereits gezeigt, dass eine Kombination von Strahl- und Chemotherapie gegenüber der alleinigen Strahlentherapie die durchschnittliche Überlebenszeit solcher Patienten nicht verlängern kann und überdies mehr Nebenwirkungen verursacht. Weller und seinen Kollegen ist nun der Nachweis gelungen, dass eine alleinige Chemotherapie mindestens so gute Resultate erreicht wie eine alleinige Strahlentherapie.

Die NOA-04-Studie ist mittlerweile abgeschlossen und wird voraussichtlich binnen weniger Wochen online publiziert werden. „Wir können bereits jetzt sagen, dass die Überlebenszeiten in Deutschland bei diesen Hirntumoren im internationalen Vergleich sehr günstig sind. Mit sechs bis sieben Jahren liegen sie erheblich über den Werten aus anderen Studien – und das sind erstaunliche, gute und vielversprechende Werte“, so Weller.

Auch die Vorhersage des Krankheitsverlaufes konnte Dank der Forschungen von Weller und Wick verbessert werden. Den Neurologen ist es nämlich gelungen, drei molekulare Marker zu identifizieren, deren Status jeweils für sich mit einem mehr oder weniger günstigen Verlauf korreliert. Sehr genau könne man damit voraussagen, ob die Betroffen zwei oder drei Jahre oder eher neun bis zehn Jahre überleben werden, so Weller: „Wir sind uns der ethischen Problematik solcher Tests durchaus bewusst. Die meisten Patienten aber wollen wissen, wie ihre Aussichten sind und sie nutzen diese Informationen auch, um im Gespräch mit uns Ärzten abzuwägen, welche Therapie für ihre Lebensituation und -Planung die beste ist.“

Für Patienten mit einer ungünstigen Prognose ist bereits die nächste große Studie in Planung. Sie sollen dabei ähnlich behandelt werden, wie Patienten mit einem Glioblastom, einem besonders bösartigen Hirntumor. „Wir erhoffen uns davon weitere Fortschritte und bessere Überlebenszeiten“ so Weller.

Fachlicher Kontakt bei Rückfragen
Prof. Dr. Michael Weller
Neurologische Klinik
UniversitätsSpital Zürich
Frauenklinikstrasse 26
CH-8091 Zürich
Tel.: 00 41 44 255 5500
Fax: 00 41 44 255 4507
E-Mail: michael.weller@usz.ch
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