Heidelberger Krebsforscher legen Basis für zielgerichteten Therapieansatz bei Haarzell-Leukämie

Zielgerichtete Therapie gegen das fehlerhaft aktivierte BRAF-Protein wirkt auch bei Haarzell-Leukämie, einer seltenen Blutkrebsart. Dies konnten Ärzte und Wissenschaftler der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg, des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) nachweisen. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für die klinische Entwicklung neuer Therapien, die sich spezifisch gegen das in den Blutzellen veränderte BRAF-Protein richten. Ihren Fallbericht veröffentlichten die Forscher in der neuesten Ausgabe des New England Journal of Medicine.

Die Haarzell-Leukämie – ihr Name lässt sich ableiten von dem charakteristischen Aussehen der Zellausläufer der Krebszellen – ist eine seltene Blutkrebsart, die mit Knochenmarksinfiltration, Milzvergrößerung und Blutbildveränderungen einhergeht. Männer sind, aus nicht bekannten Gründen, viermal häufiger betroffen als Frauen. Bei fast allen Haarzell-Leukämie-Erkrankten liegen Mutationen des BRAF-Gens vor.

Wissenschaftlern um Professor Dr. Thorsten Zenz von der Medizinischen Klinik V des Universitätsklinikums Heidelberg (Ärztlicher Direktor: Professor Dr. Anthony D. Ho) und der Abteilung Translationale Onkologie des DKFZ/NCT (Leitung: Professor Dr. Christof von Kalle) gelang es nun, die Wirksamkeit eines spezifischen BRAF-Hemmers (Wirkstoff: Vemurafenib) bei Haarzell-Leukämie nachzuweisen: Sie behandelten erfolgreich einen Patienten, der an Haarzell-Leukämie litt und zuvor auf eine Reihe von Chemotherapien nicht angesprochen hatte. Unter niedriger Dosierung des Medikaments bildeten sich die Krankheitssymptome vollständig zurück. „Auch wenn die bisherige Standard-Chemotherapie für die Mehrzahl der Patienten sehr effektiv ist, eröffnet der Erfolg dieser gezielten Therapie eine neue Dimension der Krebsbekämpfung durch Ursachenforschung“ fasst Professor Dr. Anthony D. Ho zusammen.

BRAF-Proteine bei vielen Krebserkrankungen als Zielstruktur identifiziert


Etwa acht Prozent aller soliden Tumore zeigen BRAF-Mutationen, die als therapeutische Zielstruktur ausgenutzt werden könnten. Bei schwarzem Hautkrebs, der bereits Metastasen gestreut hat, setzt man spezifische BRAF-Hemmer bereits erfolgreich ein. Die neuen Ergebnisse sind ein erster klinischer Beweis, dass auch in weiteren Krebserkrankungen das mutierte und damit aktivierte BRAF-Protein ein erfolgreicher Angriffspunkt für eine therapeutische Intervention sein kann: „Unsere aktuellen Ergebnisse sind ein eindrucksvolles Beispiel, wie die detaillierte Charakterisierung genetischer Information zur präziseren Therapie von Krebserkrankungen genutzt werden kann“, so Professor Dr. Christof von Kalle.

25 Jahre Forschung revolutionieren ein Krankheitsbild

Vor 25 Jahren wurde – u.a. durch Professor Ho – in der Medizinischen Klinik V in Heidelberg die Medikamentenklasse der Purinanaloga klinisch entwickelt und damit der Grundstein für die bisherige Standardtherapie der Harrzell-Leukämie gelegt. Allerdings kommt es bei 10 bis 20 Prozent der Patienten im Verlauf zu einer Resistenz der Erkrankung. Die aktuellen Forschungsergebnisse zeigen nun, dass gerade diese Patienten von BRAF-Hemmern profitieren können und somit unmittelbar Hoffnung auf eine wirksame Behandlung ihrer schweren Erkrankung besteht.

Literatur:
BRAF inhibition in refractory hairy-cell leukemia. Dietrich S, Glimm H, Andrulis M, von Kalle C, Ho AD, Zenz T. N Engl J Med. 2012 May 24;366(21):2038-40.
Internet:
http://www.nejm.org/doi/pdf/10.1056/NEJMc1202124
Ein Bild zur Pressemitteilung steht im Internet kostenfrei zur Verfügung unter:
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/pressestelle/PM_neu/05_2012/PM_3…
Bildunterzeile: Knochenmark (gefärbt) eines Patienten mit Haarzell-Leukämie unter dem Mikroskop: Vor der Behandlung mit dem BRAF Inhibitor sind viele Haarzell-Leukämiezellen (rot)zu sehen (linke Abb.). Unter der Therapie mit dem BRAF Inhibitor geht die Besiedelung mit Leukämiezellen zurück.(rechte Abb.).

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg.

Kontaktdaten:
Thorsten Zenz
Medizinische Universitätsklinik
Abteilung Innere Medizin V
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg und
Abteilung für Translationale Onkologie
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Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 460
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 56-36039
Telefax: 06221 56-6930
E-Mail: thorsten.zenz@nct-heidelberg.de
http://www.nct-heidelberg.de
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Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 11.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 Departments, Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.600 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.

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Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums, des Universitätsklinikums Heidelberg, der Thoraxklinik Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Letztere fördert das NCT als onkologisches Spitzenzentrum. Ziel des NCT ist die Verknüpfung von vielversprechenden Ansätzen aus der Krebsforschung mit der Versorgung der Patienten von der Diagnose über die Behandlung, die Nachsorge sowie der Prävention. Die interdisziplinäre Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, zeitnah erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik.
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Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Ansätze, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
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