Gradmesser für die Fettverbrennung

Prof. Dr. Alexander Pfeifer (rechts) und Joschka Johannes Buyel vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Bonn haben einen neuen Biomarker für die Fettverbrennung entdeckt. © Foto: Katharina Wislsperger/UKB-UKom

Wer starkes Übergewicht hat, stößt beim Abnehmen häufig schnell an seine Grenzen: Trotz aller Diäten und Zurückhaltung beim Essen wollen die überflüssigen Pfunde nicht so richtig verschwinden. Das hat meist auch Konsequenzen für die Gesundheit der Betroffenen, da übergewichtige Menschen ein höheres Risiko zum Beispiel für Diabetes oder Herzkreislauferkrankungen haben.

Prof. Dr. Alexander Pfeifer vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Bonn erforscht seit Jahren an Mäusen, wie sich unerwünschte weiße Fettzellen in energiezehrende braune Fettzellen umwandeln lassen. Die braunen Zellen „verbrennen“ überschüssige Energie und wandeln in Wärme um, was sich sonst als Röllchen vor allem an Hüften und Bauch ansetzt.

Prof. Pfeifer hat inzwischen modellhaft an Nagern zahlreiche Signalketten im Stoffwechsel entschlüsselt und Ansatzpunkte gefunden, wie sich die unerwünschten weißen Fettzellen in die Fettverbrenner umwandeln lassen. Die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung lassen sich aber nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragen.

„Es müsste deshalb an Probanden getestet werden, welche der inzwischen gefundenen Wirkstoffe besonders effizient und schonend weiße in braune Fettzellen verwandeln“, sagt Prof. Pfeifer. Doch gibt es derzeit keine Methode, die mit geringem Aufwand, kostengünstig und ohne gesundheitliche Risiken die Aktivität der braunen Fettzellen misst.

Braune Fettzellen verschicken miR-92a-Päckchen im Blut

Zusammen mit Wissenschaftlern der Universitäten Maastricht (Niederlande) und Turku (Finnland) sowie der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf hat das Forscherteam um Prof. Pfeifer einen Marker gefunden, der auf vergleichsweise einfache Art und Weise die Aktivität der braunen Fettzellen anzeigt: die exosomale microRNA miR-92a. Von solchen microRNAs ist bekannt, dass sie bei der Genregulation eine Rolle spielen.

Das Team um Prof. Pfeifer hat nun erstmals gefunden, dass braune Fettzellen microRNAs in sogenannte Exosomen verpacken und ins Blut abgeben. „Bei den Exosomen handelt es sich um eine Art Päckchen, die von den braunen Fettzellen im Blut verschickt werden – den Päckchen-Inhalt, die mircoRNAs, konnten wir aufklären, aber der Adressat ist uns noch nicht bekannt“, berichtet der Pharmakologe der Universität Bonn.

Das Forscherteam hat ganz verschiedene microRNAs untersucht. Davon kommt miR-92a sowohl in Mäusen als auch in Menschen vor und steht mit der Aktivität von braunen Fettzellen in Zusammenhang. Immer dann, wenn sehr wenig miR-92a im Blut vorhanden ist, verbrennen die braunen Fettzellen besonders viel Energie. Dass dies auch im Menschen funktioniert, haben die Wissenschaftler an insgesamt 41 Probanden aus den Niederlanden und Finnland nachgewiesen.

„Es ergibt sich ein signifikanter statistischer Zusammenhang, der jedoch noch mit einer größeren Stichprobe unterfüttert werden müsste“, berichtet Erstautor Joschka Johannes Buyel aus dem Team von Prof. Pfeifer. Dann ließe sich die Aktivität der braunen Fettzellen mit miR-92a noch genauer einschätzen. Doch solche Paralleluntersuchungen mit verschiedenen Methoden sind teuer und aufwendig.

Biomarker ermöglicht Wirksamkeitsprüfung neuer Pharmaka

„Nichtsdestotrotz erscheint miR-92a als ein vielversprechender Biomarker, mit dem neuartige Wirkstoffe zur Gewichtsreduktion durch Umwandlung von weißen in braunen Fettzellen am Menschen überprüft werden könnten“, sagt Prof. Pfeifer. Ein einfacher Bluttest könne dies absehbar leisten. Diese Methode könnte in Zukunft möglicherweise neue Behandlungsverfahren im Kampf gegen Fettleibigkeit und viele Folgeerkrankungen vorantreiben.

Publikation: Exosomal microRNA miR-92a concentration in serum reflects human brown fat activity, Fachjournal „Nature Communications“, DOI: 10.1038/ncomms11420

Kontakt für die Medien:

Prof. Dr. Alexander Pfeifer
Institut für Pharmakologie und Toxikologie
Universität Bonn
Tel. 0228/28751300
E-Mail: alexander.pfeifer@uni-bonn.de

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