Gezielt gegen fehlerhafte Plasmazellen

Dr. Kirsten Neubert, Biologin am Nikolaus-Fiebiger-Zentrum für Molekulare Medizin der Universität Erlangen-Nürnberg, ist es gelungen, Möglichkeiten der Behandlung des Systemischen Lupus Erythematodes aufzuzeigen, die weniger Nebenwirkungen als bisher übliche Verfahren erwarten lassen. Für ihre Forschungen wurde Dr. Neubert mit dem renommierten „Hans-Hensch-Preis“ ausgezeichnet.

Gewürdigt wurden die Ergebnisse ihrer Doktorarbeit, darunter insbesondere Arbeiten, die 2008 in den US-amerikanischen Fachzeitschrift „Nature Medicine“ veröffentlicht wurden. Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie verleiht den mit 1.500 Euro dotierten Preis jährlich an einen Nachwuchsforscher oder eine Nachwuchsforscherin.

Systemischer Lupus Erythematodes (SLE) ist eine schwere Autoimmunerkrankung, die meis­tens junge Frauen betrifft. Plasmazellen, eine Unterart der weißen Blutzellen, produzieren normalerweise Antikörper gegen von außen eindringende Erreger. Durch Fehlsteuerungen können jedoch Autoantikörper hergestellt werden, die körpereigenes Gewebe zerstören. Beim SLE sind besonders die Haut, die Gelenke, die Gefäße, das Nervensystem und die Nieren betroffen. Im letzteren Fall kann es zu lebensbedrohlichen Nierenentzündungen bis hin zum Nierenversagen kommen.

Innerhalb der Zelle werden defekte, überzählige oder unerwünschte Zelleiweiße hauptsächlich in den Proteasomen abgebaut. Proteasominhibitoren hemmen diesen Prozess. Für den Protea­som-Inhibitor Bortezomib, der bereits erfolgreich gegen bösartiges Wachstum von Plasmazellen eingesetzt wird, konnte Dr. Neubert sowohl präventive als auch therapeutische Effekte auf die Lupuserkrankung zweier Mäusearten nachweisen. Die Zahl der Autoantikörper verringerte sich stark, die Proteinkonzentration im Urin nahm drastisch ab, und die Lebenserwartung war – ohne ersichtliche Nebenwirkungen – deutlich verlängert. Dies liegt darin begründet, dass Bortezomib die ansonsten weitestgehend therapieresistenten langlebigen Plasmazellen nahezu vollständig eliminiert. Außerdem reagieren Plasmazellen, wie Dr. Neubert zeigte, aufgrund ihrer stark erhöhten Antikörperproduktion sensitiver auf den Wirkstoff als andere Zellen des Immunsystems. Dieses Ergebnis liefert ein wichtiges Argument für die klinische Anwendung von Bortezomib. Bisherige Behandlungsformen sind relativ ungezielt und deshalb mit starken Nebenwirkungen verbunden. Wird dagegen vorwiegend die Plasmazellpopulation zerstört, könnten weniger belas­tende Begleiterscheinungen auftreten.

Ihre Doktorarbeit hat Dr. Neubert in der Forschergruppe von PD Dr. Reinhard Voll (Medizinische Klinik III des Universitätsklinikums Erlangen, Direktor Prof. Dr. Georg Schett) angefertigt, die vom Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) unterstützt wird. Seit August 2008 befasst sie sich als Postdoktorandin im Labor für Biologie Dendritischer Zellen am Nikolaus-Fiebiger-Zentrum (Prof. Dr. Diana Dudziak, Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe, Dermatologische Klinik des Universitätsklinikums Erlangen, Direktor Prof. Dr. Gerold Schuler) mit der Entwicklung therapeutischer Antikörper. Sie hat bereits zahlreiche Auszeichnungen und Preise erhalten, unter anderem 2008 den Publikationspreis des IZKF-Erlangen und den Avrion-Mitchinson-Preis für Rheumaforschung des Deutsche Rheumaforschungszentrums.

Die Universität Erlangen-Nürnberg, gegründet 1743, ist mit 27.000 Studierenden, 550 Professorinnen und Professoren sowie 2000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen an den Schnittstellen von Naturwissenschaften, Technik und Medizin in engem Dialog mit Jura und Theologie sowie den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Seit Mai 2008 trägt die Universität das Siegel „familiengerechte Hochschule“.

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