Gerüstet für die Invasion
Das haben Pharmakologen von der Philipps-Universität herausgefunden, als sie nach Molekülen suchten, die an Zell-in-Zell-Invasionen (Entosis) beteiligt sind. Professor Dr. Robert Grosse und seine Mitarbeiter identifizierten außerdem Faktoren, die den Prozess auslösen. Das Team berichtet über seine Forschungsergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „eLife“.
Wenn Krebszellen die Haftung an den Untergrund verlieren, kommt es vor, dass sie aktiv in die Nachbarzellen einwandern. Dieses Phänomen wurde erst vor wenigen Jahren erstmals beschrieben und als Entosis bezeichnet. „Eine solche Zell-in-Zell-Invasion kann die Anzahl der Chromosomen in der aufnehmenden Zelle verändern und eine Tumorausbreitung fördern“, erläutert Seniorautor Grosse, der das Pharmakologische Institut am Marburger Fachbereich Medizin leitet.
Wie der Prozess im Detail abläuft, ist bislang weitgehend unbekannt. Grosse und seine Mitarbeiter identifizierten eine ganze Reihe von beteiligten Molekülen, indem sie einerseits sichtbar machten, wann und wo in der Zelle diese Verbindungen vorkommen. Andererseits schalteten sie diese experimentell aus, um zu ermittelten, für welche Funktionen sie gebraucht werden.
Die Autoren beobachteten, dass die eindringende Zelle zu Beginn einer Invasion zahlreiche Bläschen bildet. Später akkumuliert das Strukturprotein Aktin in einem Zellfortsatz, der am rückwärtigen, von der Invasionsstelle abgewandten Pol entsteht. „Der Fortsatz oder Uropod schiebt die eindringende Zelle sozusagen in die aufnehmende Zelle hinein“, führt Koautor Dr. Vladimir Purvanov aus.
Die Wissenschaftler weisen außerdem nach, dass die Verbindung Lysophosphatidsäure (lysophosphatidic acid, LPA) und deren Rezeptor LPAR2 eine Invasion auslösen können. Die beiden Moleküle stehen am Anfang einer Signalkaskade, die zur Anreicherung von Aktin am Zellhinterende führt. LPA und LPAR2 sind auch wichtige Faktoren für die Metastasenbildung bei Krebserkrankungen.
„Daher lässt sich vermuten, dass der Prozess der Entosis mit der Tumorausbreitung in Zusammenhang steht“, schreiben die Autoren abschließend. „Die Identifizierung der beteiligten Moleküle erlaubt es nunmehr, diesen Prozess gezielt zu hemmen.“
Die Studie wurde durch ein Stipendium des Mildred-Scheel-Doktorandenprogramms für Koautor Manuel Holst sowie durch den Sonderforschungsbereich 593 der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell gefördert.
Originalveröffentlichung: Vladimir Purvanov & al.: G-protein-coupled receptor signaling and polarized actin dynamics drive cell-in-cell invasion, elife 2014,
DOI: 10.7554/eLife.02786,
URL: http://elifesciences.org/content/3/e02786
Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Professor Dr. Robert Grosse,
Pharmakologisches Institut
Tel.: 06421 28-65001 und -65001 (Sekretariat)
E-Mail: robert.grosse@staff.uni-marburg
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