Forschung in eisigen Höhen

Die Rätsel der Höhenkrankheit lösen – das ist das Ziel einer großen schweizerisch-deutschen Forschungsexpedition auf den 7126 Meter hohen Himlung Himal in Nepal. Massgeblich beteiligt am ehrgeizigen Projekt ist ein Ärzteteam unter der Leitung des Intensivmediziners Oberarzt Dr. Ludger Mende vom Universitätsklinikum Leipzig. Sie werden im Oktober 2013 für über 30 Tage im ewigen Eis des Himalaja den Arztkittel mit der Daunenjacke tauschen. Mit dabei sein werden 40 freiwillige Testpersonen aus Deutschland und der Schweiz.

Die Latte liegt hoch: Um noch bestehende Rätsel rund um die für Bergsteiger und Freizeitsportler gefährliche Höhenkrankheit zu lösen, plant der Schweizer Verein „Swiss-Exped“ im Herbst 2013 bereits die vierte grosse Forschungsexpedition. Für die großangelegten Studien haben sich die Universitätskliniken des Berner Inselspitals und das Universitätsklinikum Leipzig zusammengeschlossen. Die Forscher sind überzeugt, dass dieser grenzüberschreitende Schulterschluss die Chancen auf bahnbrechende Erkenntnisse positiv beeinflussen wird.

Erstmals 7000 Meter überm Meeresspiegel Ultraschalluntersuchungen an Hirn, Lunge, Herz und Venensystem

Die Wissenschaftler aus Leipzig und Bern haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Beim beschwerlichen Aufstieg auf den über 7000 Meter hohen Himlung Himal planen die Mediziner bei den freiwilligen Testpersonen nicht nur regelmässige Blutentnahmen und Organtests, sondern – in dieser Art weltweit erstmals – auch umfangreiche Ultraschall- Untersuchungen an Hirn, Herz, Lunge und Venensystem. Dabei werden verschiedene Hirnfunktionen und das Hirnvolumen bei den Probanden während des Aufenthalts in der als „Todeszone“ bezeichneten Höhe regelmässig untersucht. „Dabei suchen wir nach Anpassungsvorgängen im Hirn und nach Hinweisen dafür, dass der Aufenthalt in grosser Höhe und der damit verbundene Sauerstoffmangel im Hirn möglicherweise nachweisbare Veränderungen mit sich bringen“, erklärt UKL-Intensivmediziner Dr. Ludger Mende, Teamleiter der Leipziger Forschergruppe, die aufwändigen Untersuchungen.

„In unserer täglichen Arbeit versorgen wir Patienten mit unterschiedlich schweren Organerkrankungen. Am Ende dieser lebensbedrohlichen Erkrankungen steht jedoch nahezu immer die mangelnde Sauerstoffversorgung der Organ- und Zellsysteme“, begründet Dr. Ludger Mende das große Interesse an der Medizin in dünner Luft. Hier schließe sich der Kreis zwischen höhenmedizinischer Forschung und Alltag auf der Intensivstation.

Um an die mehreren Tausend relevanten Datensätze und Blutproben zu kommen, planen die Mediziner in Zusammenarbeit mit den freiwilligen Testpersonen nicht nur während der Besteigung des Himlung Himal, sondern auch vor und nach der Expedition umfangreiche medizinische Tests und Untersuchungen. Besonders aufwändig ist der Rücktransport der am Berg gewonnenen Blutproben. Sie müssen tiefgefroren mit einem Spezialtransport zurück nach Europa gebracht werden.

Die Hauptverantwortung der Expedition liegt auf den Schultern des Schweizer Sport- und Notfallmediziners Dr. Urs Hefti, der bereits zahlreiche Expeditionen angeführt hat. Für die Logistik zeichnet der mehrfache Everest- Bezwinger und Expeditions-Bergführer Kari Kobler verantwortlich. Die wissenschaftliche Gesamtleitung liegt bei Dr. Tobias Merz und Dr. Jaqueline Pichler vom Berner Inselspital. Die rund 70 Expeditionsteilnehmer können sich zudem auf erfahrene Schweizer Bergführer und einen unabhängigen Expeditionsarzt verlassen.

Freiwillige Testpersonen und Sponsoren gesucht

Während bei Forschern und Expeditionsleitung die Vorbereitung bereits auf Hochtouren läuft, werden noch freiwillige Testpersonen gesucht. Gefragt sind motivierte Bergsteiger, die sich für vier Wochen in den Dienst der Wissenschaft stellen wollen. „Wir suchen keine Superbergsteiger – aber solche mit Bergerfahrung und gutem Charakter“, so Expeditionsleiter Dr. Urs Hefti. „Auf die Expeditionsteilnehmer warten viele sportliche und psychische Herausforderungen, aber ebenso ein unvergessliches Erlebnis. Die Reisekosten müssen von den Testpersonen selber übernommen werden.

Um die Finanzierung verschiedener Geräte, Untersuchungsmaterialien und Ausrüstungsgegenstände abzusichern, suchen die Forscher auch noch Sponsoren.

Weitere Details unter: www.swiss-exped.ch

Kontakt:
Dr. Ludger Mende
Interdisziplinäre Internistische Intensivtherapie
Universitätsklinikum Leipzig
Tel.: 0341-9712700
E-Mail: ludger.mende@medizin.uni-leipzig.de

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Helena Reinhardt idw

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