Fisch statt Fleisch: Rheuma durch gezielte Ernährung lindern

Eine die medikamentöse Behandlung begleitende Ernährungstherapie ist jedoch aufwendig. Patienten sollten sich deshalb dabei fachlich beraten lassen. Die Rolle der Ernährung bei Rheuma diskutieren Experten auch im Rahmen des 37. Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) vom 23. bis 26. September 2009 in Köln.

Eskimos, Bewohner der Meeresküsten, aber auch Vegetarier leiden seltener als andere Menschen an Gelenkrheuma oder verwandten Erkrankungen. Die Gründe vermuten Fachleute seit langem in der Ernährung. Doch Zusammenhänge ließen sich erst in den letzten Jahren herstellen: Einige Nahrungsfette fördern im Körper die Bildung bestimmter hormonähnlicher Stoffe, so genannter Eikosanoide. Diese sind an der rheumatischen Entzündungsreaktion beteiligt, erläutert Professor Dr. med. Olaf Adam von der Ludwig Maximilian Universität München in der Fachzeitschrift DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009).

Entzündungsfördernde Eikosanoide entstehen aus Arachidonsäure. Diese Fettsäure kommt ausschließlich in tierischer Nahrung vor. Insbesondere in fettem Fleisch, Eigelb, Schmalz und Leber. Fetter Meeresfisch dagegen ist reich an Fettsäuren, die einer Entzündung entgegenwirken. Rheumapatienten sollten deshalb nicht mehr als zwei Fleischmahlzeiten und zwei Eigelb pro Woche verzehren, so der Leiter der Ernährungsmedizinischen Abteilung an der LMU. Stattdessen gehöre zwei Mal pro Woche Fisch auf den Tisch – möglichst Meeresfisch wie Hering oder Makrele. „Wem das auf Dauer nicht schmeckt, der hat die Möglichkeit auf Fischölkapseln auszuweichen“, sagt Adam, der auch dem Arbeitskreis Ernährungsmedizin der DGRh angehört. Diese enthielten unterschiedliche Mengen an Fischölfettsäuren und müssten deshalb genau dosiert werden. Grundsätzlich sollten Patienten sich ausgewogen und vitaminreich ernähren. Da Menschen mit Rheuma von Knochenschwund bedroht sind und auf ihre Knochengesundheit achten sollten, rät Adam auch zu täglich einem halben Liter fettreduzierter Milch oder Milchprodukten, um die Zufuhr von Kalzium zu sichern. Auch Vitamin D – im Körper gebildet durch Sonnenlicht – beeinflusst den Kalziumstoffwechsel positiv.

Einige Patienten berichten zudem, dass bestimmte Nahrungsmittel einen Krankheitsschub auslösen – ähnlich wie bei einer Allergie. Professor Adam schätzt den Anteil auf ein bis zehn Prozent der Betroffenen. Ohne eine ernährungstherapeutische Beratung kann es jedoch schwierig sein, die Auslöser zu ermitteln. Um Mangelerkrankungen zu vermeiden, rät der Experte Rheumapatienten davon ab, die Ernährung auf eigene Faust komplett umzustellen. Ein dauerhafter Erfolg sei nur zu erwarten, wenn Ärzte, Ernährungsberater und Ergotherapeuten zusammenarbeiten. Die DGRh bietet deshalb in Zusammenarbeit mit der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin e. V. (DAEM) Fortbildungsseminare für Ärzte an. Mediziner lernen dort, wie sie ihre Patienten bei einer gesunden Ernährung unterstützen können. Die Ernährungstherapie ist stets eine begleitende Maßnahme zur medikamentösen Therapie.

Den Patienten nützt eine umgestellte Ernährung auch an anderer Stelle: Entzündungsreaktionen in den Gefäßwänden gelten heute als Auslöser der Arteriosklerose, erläutert Professor Adam. Und tatsächlich erkranken Menschen mit Rheuma häufiger an Herzkreislauferkrankungen als andere. Ihre Lebenserwartung ist um zehn Jahre vermindert, sagt Adam. Auch wegen der möglichen günstigen Einflüsse auf Herz und Kreislauferkrankungen dürfe Rheumapatienten eine Ernährungstherapie nicht vorenthalten werden. Über den Langzeiteffekt entzündungshemmender Kost spricht Professor Adam im Rahmen des 37. Kongresses der DGRh in Köln.

(Quelle: Dtsch Med Wochenschr 2009; 134: 1759-1763 O. Adam, Ernährungstherapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen)

Unter dem Begriff Rheuma fassen Experten mehr als 100 verschiedene entzündliche Erkrankungen des Bewegungsapparates zusammen. Auch die verschleißbedingten Krankheiten wie Arthrose zählen zum sog. „rheumatischen Formenkreis“. Menschen jeden Alters sind von diesem oft schweren, schmerzhaften und vielgestaltigen Leiden betroffen: Etwa 1,5 Millionen Deutsche leiden allein an einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung. Durchschnittlich dauert es 13 Monate bis Betroffene mit einer rheumatoiden Arthritis zu einem Rheumatologen gelangen und dort Hilfe finden.

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Dr. Cornelia Rufenach idw

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