Erforschung der genetischen Grundlage von Kinderkrebs

Das St. Jude Children's Research Hospital und die Washington University School of Medicine in St. Louis haben heute eine beispiellose Initiative bekanntgegeben, um die genetischen Veränderungen zu identifizieren, die zu den tödlichsten im Kindesalter auftretenden Krebsformen führen. Die Teams der beiden Einrichtungen werden gemeinsam daran arbeiten, die Genome von mehr als 600 Krebspatienten im Kindesalter, die für diese historische Initiative Tumorproben bereitgestellt haben, zu entschlüsseln.

Das St. Jude Children's Research Hospital – Washington University Pediatric Cancer Genome Project ist mit geschätzten Kosten von 65 Mio. USD über einen Zeitraum von drei Jahren die bislang grösste Investition zur Erlangung eines besseren Verständnisses der genetischen Ursprünge von Krebs im Kindesalter. Die am Projekt beteiligten Wissenschaftler werden das gesamte Erbgut von sowohl normalen als auch mit Krebs befallenen Zellen sämtlicher Patienten entschlüsseln und Unterschiede in der DNA vergleichen, um genetische Fehler zu identifizieren, die zu Krebs führen. Kay Jewelers, ein langjähriger Unterstützer des St. Jude Children's Research Hospital, hat als Hauptförderer dieses Projekts bereits 20 Mio. USD zugesagt.

„Wir stehen kurz vor einer Revolution unseres Verständnisses über die Ursprünge von Krebserkrankungen. Wir verfügen heute erstmals über die erforderlichen Instrumente, um sämtliche genetischen Abnormitäten zu identifizieren, die ein weisses Blutkörperchen in eine Leukämiezelle oder eine Gehirnzelle in einen Gehirntumor verwandeln“, erklärte Dr. William E. Evans, Direktor und Chief Executive Officer von St. Jude. „Wir sind davon überzeugt, dass sämtliche Fortschritte bei der Krebsdiagnose und -behandlung des 21. Jahrhunderts von dieser Grundlage ausgehen werden.“

St. Jude-Krankenhaus verfügt über eine der weltweit grössten und umfangreichsten Sammlungen biologischer Informationen über Krebs in Kindesalter. Die Sammlung geht bis auf das Jahr 1970 zurück und umfasst mehr als 50.000 Tumor-, Knochenmark-, Blut- und sonstige biologische Proben. Diese Proben sind für Initiativen, die auf ein besseres Verständnis der Ursachen von Krebs abzielen, von zentraler Bedeutung. Die Gewebebank hat Wissenschaftler am St. Jude-Krankenhaus ausserdem in die Lage versetzt, die experimentellen Modelle zu entwickeln, von denen angenommen wird, dass sie für die Bestimmung, welche Mutationen zur Entwicklung und Verbreitung von Krebs führen, eine zentrale Rolle spielen werden.

Die Zusammenarbeit konzentriert sich auf Leukämieformen, Gehirntumore und als Sarkome bezeichnete Knochen-, Muskel- und sonstige Bindegewebetumore im Kindheitsalter. St. Jude wird DNA aus Tumorgewebe und normalem Gewebe von Patienten bereitstellen, das Genome Center der Washington University wird die Entschlüsselung des gesamten Erbguts vornehmen, und beide Institute werden an der Validierung der entschlüsselten Sequenzen teilnehmen. Forscher an beiden Instituten werden eng zusammenarbeiten, um die Daten zu analysieren und die Informationen nach einer Validierung zu veröffentlichen. Frühere Forschungsaktivitäten dieser und anderer Gruppen weisen darauf hin, dass viele der genetischen Abnormitäten, die zu Krebs im Kindesalter führen, von denjenigen abweichen werden, die bei Krebspatienten im Erwachsenenalter zu beobachten sind.

„Diese ausserordentliche Partnerschaft wird unser Verständnis von Krebs im Kindesalter um eine völlig neue Dimension erweitern“, erklärte der pädiatrische Genetiker Dr. Larry J. Shapiro, Executive Vice Chancellor und Dekan der Washington University School of Medicine. „Ein das gesamte Genom umfassende Verständnis von Krebs ist für die Entwicklung leistungsstarker neuer Ansätze für die Diagnose und Behandlung, möglicherweise auch für die Vermeidung von Krebs, äusserst vielversprechend. Kurzfristig wird das Projekt zentrale genetische Informationen liefern, die Ärzten letztendlich dabei helfen können, die besten Behandlungsoptionen für junge Krebspatienten auszuwählen.“

Wissenschaftler am Genome Center der Washington University haben für die Entschlüsselung des gesamten Erbguts von Krebspatienten bereits Pionierarbeit geleistet. 2008 waren sie die ersten, die das vollständige Genom eines Krebspatienten – einer Frau mit Leukämie – entschlüsseln und ihre Erkrankung auf ihre genetischen Wurzeln zurückführen konnten. Seitdem haben die Wissenschaftler das Erbgut weiterer Krebspatienten, unter anderem mit Brust-, Lungen- und Ovarialtumoren sowie mit Glioblastomen, einer Form von Gehirntumor, entschlüsselt. Diese Studien haben faszinierende und unerwartete genetische Verbindungen zwischen Patienten mit unterschiedlichen Krebsformen aufgedeckt, die über herkömmliche Ansätze kaum entdeckt worden wären.

Frühere Forschungsergebnisse zur Identifizierung von Krebsmutationen haben sich typischerweise ausschliesslich auf einige hundert Gene konzentriert, von denen bereits vermutet wird, dass sie mit der Krankheit zusammenhängen. Auch wenn sich einige jüngere Studien mit der Entschlüsselung der ca. 20.000 proteinkodierenden Gene des Genoms befasst haben, bietet der Ansatz zur Entschlüsselung des gesamten Genoms dieser Zusammenarbeit ein detaillierteres und vollständigeres Bild aller am Krebs eines Patienten beteiligten Mutationen, da sowohl proteinkodierenden Gene als auch die langen DNA-Sequenzen zwischen Genen, die die Funktionsweise der Gene beeinflussen können, untersucht werden. Eine solche vollständige Entschlüsselung des Erbguts ist heutzutage aufgrund jüngster Fortschritte möglich, die die erforderliche Technologie schneller und deutlich günstiger gemacht haben.

Die am Projekt teilnehmenden Wissenschaftler werden ausserdem untersuchen, wie Krebs im Kindesalter durch Variationen des Genoms beeinflusst wird. Hierzu zählen beispielsweise epigenetische Veränderungen, die die Expression von Genen verändern, nicht jedoch die Gene selbst. Sie werden DNA-Sequenzdaten ausserdem nutzen, um genetische Marker zu identifizieren, die Ärzte bei der Bestimmung der besten Behandlungsoptionen für Krebspatienten auf Basis des genetischen Profils ihrer jeweiligen Tumoren unterstützen werden.

Der Umfang und die Konzeption des Projekts spiegeln die Philosophien und Kompetenzen der beteiligten Institutionen wider. St. Jude und Washington University arbeiten bereits seit vielen Jahren im wissenschaftlichen Bereich zusammen und können zahlreiche Innovationen bei der Patientenpflege vorweisen. Darüber hinaus teilen sie ein Engagement für Spitzenleistungen und Offenheit in der Forschung. Das pädiatrische Genomprojekt wird eine öffentliche Datenbank umfassen, in der Informationen nach Validierung der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft zu Verfügung gestellt werden, um den Fortschritt bei der Bekämpfung von Krebs im Kindesalter zu beschleunigen.

Obwohl bereits grosse Fortschritte bei der Behandlung von Krebs im Kindesalter erzielt wurden, ist dies immer noch die Haupttodesursache durch Erkrankung bei US-amerikanischen Kindern ab einem Alter von 1 Jahr, und Heilungsraten für einige im Kindesalter auftretende Krebsformen liegen weiterhin unter 50 Prozent.

St. Jude Children's Research Hospital

Das St. Jude Children's Research Hospital ist international als Pionier in der Forschung und bei der Behandlung von Kindern mit Krebs und anderen katastrophalen Krankheiten renommiert. St. Jude, das von der Zeitschrift Parents zum besten pädiatrischen Krebskrankenhaus gekürt wurde, ist das erste und einzige vom NCI ausgezeichnete Comprehensive Cancer Center, das sich ausschliesslich auf Kinder konzentriert, und das Kinder aus allen 50 Bundesstaaten sowie aus Ländern rund um den Globus behandelt hat. St. Jude hat Forschungsprotokolle entwickelt, die dabei geholfen haben, die Gesamtüberlebensraten bei Kinderkrebs von unter 20 Prozent bei Eröffnung des Krankenhauses bis auf inzwischen fast 80 Prozent zu erhöhen. St. Jude ist das nationale Koordinationszentrum für das Pediatric Brain Tumor Consortium und die Childhood Cancer Survivor Study. Neben pädiatrischer Krebsforschung führt St. Jude ausserdem die Forschung im Bereich der Sichelzellenanämie an und ist ein weltweit renommiertes Grippe-Forschungszentrum.

St. Jude wurde 1962 vom verstorbenen Entertainer Danny Thomas gegründet. Das Krankenhaus teilt seine Entdeckungen offen mit wissenschaftlichen und medizinischen Gemeinschaften aus aller Welt und veröffentlicht mehr Forschungsartikel als jedes andere US-amerikanische pädiatrische Krebsforschungsinstitut. St. Jude behandelt jedes Jahr mehr als 5.400 Patienten, und dies ist das einzige pädiatrische Krebsforschungsinstitut, in dem Familien niemals für Behandlungen zahlen müssen, die von Versicherungen nicht getragen werden. St. Jude wird von Tausenden von Einzelspendern, Organisationen und Unternehmen finanziell unterstützt, ohne die die Arbeit des Krankenhauses nicht möglich wäre. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.stjude.org.

Die Washington University School of Medicine und das dort ansässige Genome Center

Die 2.100 angestellten und freiwilligen Fakultätsärzte der Washington University School of Medicine sind gleichzeitig die medizinischen Mitarbeiter des Barnes-Jewish-Krankenhauses und des St. Louis-Kinderkrankenhauses. Die School of Medicine ist eines der landesweit führenden Institute für Forschung, Lehre und Patientenpflege und wird derzeit vom U.S. News & World Report in den USA an dritter Stelle geführt. Durch seine Partnerschaft mit dem Barnes-Jewish Hospital, das derzeit vom U.S. News & World Report als das neuntbeste Krankenhaus des Landes angesehen wird, und dem St. Louis Children's Hospital, das vom U.S. News & World Report zu den pädiatrischen Elite-Krankenhäusern des Landes gezählt wird, ist die School of Medicine mit BJC HealthCare verbunden. An der Washington University und dem Barnes-Jewish Hospital ist ausserdem das Siteman Cancer Center ansässig, ein von der US-Regierung anerkanntes Comprehensive Cancer Center. Weitere Informationen erhalten Sie unter medicine.wustl.edu.

Das Genome Center an der Washington University School of Medicine in St. Louis ist bei der gross angelegten Hochgeschwindigkeitsentschlüsselung von Erbgut – von primitiven Bakterien bis hin zu komplexen Menschen – weltweit führend. Das Zentrum hat beim Humangenomprojekt eine zentrale Rolle gespielt und

25 % der abschliessenden Sequenz beigesteuert. Das Zentrum erhält derzeit erhebliche finanzielle Unterstützung von den National Institutes of Health für Forschungsaktivitäten, zu denen unter anderem das Cancer Genome Atlas Project zählt, bei dem das Erbgut erwachsender Krebspatienten und ihrer Tumore entschlüsselt wird, um die genetischen Veränderungen zu identifizieren, die beim Krebs eine tragende Rolle spielen. Des weiteren befasst sich das Zentrum mit dem Human Microbiome Project, bei dem die Genome von Bakterien untersucht werden, die für die menschliche Gesundheit und Erkrankungen eine zentrale Rolle spielen, sowie mit dem 1000 Genomes Projekt, bei dem die immensen im genetischen Code festgeschriebenen menschlichen Unterschiede katalogisiert werden sollen.

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