Bei entzündlichen Darmerkrankungen ist Schleimhaut wichtiges Therapieziel

Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) lässt sich die entzündete Schleimhaut durch Medikamente behandeln. Am besten wirkt die Therapie, wenn der Arzt sie genau dem jeweiligen Zustand der Schleimhaut anpasst, so die aktuelle Studienlage. Dafür muss er den Darm bei einer Darmspiegelung endoskopisch untersuchen. Um weitere Fortschritte in der Behandlung von Menschen mit CED zu erreichen, müssten die komplexen Entzündungsvorgänge noch besser verstanden sein.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) setzt sich deshalb für Forschung auf diesem Gebiet ein: Systemische Entzündung ist ein Hauptthema des 119. Internistenkongresses der DGIM. Dort stellen Experten neue Erkenntnisse aus der Forschung zur Entstehung und Therapie von CED vor.

Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa – in Deutschland sind es etwa 320 000 – leben mit Rückschlägen. Denn die beiden chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen verlaufen schubförmig. Beschwerdefreie Phasen wechseln mit heftigen Ausbrüchen von Darmentzündungen ab. Die Patienten leiden unter häufigen Bauchschmerzen, Darmblutungen und Durchfällen. Dies schränkt die Lebensqualität erheblich ein. „Vor allem aber können die Krankheitsschübe zu gefährlichen Komplikationen führen und dauerhafte Schäden hinterlassen“, erläutert Professor Dr. med. Markus F. Neurath, Direktor der Medizinischen Klinik 1 am Universitätsklinikum Erlangen. Deshalb sei das Hauptziel der Therapie, die akute Darmentzündung zu behandeln und nachfolgend neue Schübe durch Medikamente zu verhindern, so der Experte im Vorfeld des 119. Internistenkongresses.

Eine Ursache der Entzündung sehen Experten in einer übermäßigen Abwehrreaktion des Körpers gegen die eigenen Darmbakterien. Die Entzündung bei Morbus Crohn kann dabei alle Schichten von Dünn- und Dickdarm erfassen. Dagegen setzen Ärzte heute sogenannte Immunsuppressiva ein. Sie hemmen die entzündlichen Vorgänge, sind aber mit Nebenwirkungen verbunden. Bei Colitis ulcerosa beschränkt sich die Entzündung auf die Schleimhaut des Dickdarms. Hier wirkt neben Immunsuppressiva auch Mesalazin, ein gut verträgliches anti-entzündliches Mittel.

Gegen beide Erkrankungen verwenden Ärzte seit einigen Jahren auch sogenannte Biologika. Diese Medikamente schalten sehr gezielt spezifische Signale der Entzündungsreaktion aus. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Biologika zur Behandlung der CED und einige neue wurden erfolgreich in Studien getestet. „Damit können viele Patienten über längere Zeit beschwerdefrei leben“, sagt Professor Neurath. Wichtig sei es jedoch, den geeigneten Zeitpunkt für ein Absetzen der Medikamente zu finden. Dies ermögliche nur eine Darmspiegelung, meint Neurath. Dabei führt der Arzt ein Endoskop in den Darm ein. Neue Endoskope zeigen hierbei die Oberfläche des Darms sogar in HD-Qualität. Hierdurch kann der Arzt das krankheitsbedingt veränderte Gewebe optimal beurteilen. „Eine heilende Schleimhaut zeigt an, dass die Erkrankung zurzeit nicht weiter fortschreitet und der Schub abklingt“, meint Neurath. Der Internist weiß, dass Endoskopien belastend sind: „Es bleibt den Patienten aber die Behandlung mit Medikamenten erspart, die das Immunsystem schwächen und sie für Infektionen anfällig machen könnten“, sagt Professor Neurath. „Zudem können wir den weiteren Krankheitsverlauf anhand der Heilung der Schleimhaut im Darm besser abschätzen.“ Über neueste Erkenntnisse zur Therapie der CED spricht Professor Neurath auf dem 119. Internistenkongress, der vom 6. bis 9. April 2013 in Wiesbaden stattfindet.

Literatur:
Neurath MF, Travis SP. Mucosal healing in inflammatory bowel diseases: a systematic review. Gut 2012 Nov;61(11):1619–35.

Terminhinweis:

119. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM)
6. bis 9. April 2013, Rhein-Main-Hallen Wiesbaden

Plenarsitzung „Infektion, Organentzündung und Systementzündung“
Vortrag: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: von der Pathophysiologie zu neuen Therapieansätzen
Referent: Professor Markus Neurath, Erlangen
Termin: Dienstag, 9. April 2013, 12.00 bis 13.30 Uhr
Ort: Halle 1, Rhein-Main-Hallen Wiesbaden

Kontakt für Journalisten:
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM)
Pressestelle
Anna Julia Voormann/Corinna Spirgat
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-552
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