Brustkrebs: Bessere Diagnostik bei reduzierter Strahlung

The red area represents a three-dimensional breast tumor.<br><br>Credit: ESRF-LMU/Emmanuel Brun<br>

Das computertomographische Verfahren bildet das Drüsengewebe der Brust in unerreicht hoher Auflösung ab – bei deutlich reduzierter Strahlendosis.

Entscheidend für die Prognose einer an Brustkrebs erkrankten Frau ist die möglichst frühzeitige Diagnose der Erkrankung. Für die etablierten Screeningprogramme wird eine Fehlentdeckungsrate von bis zu 20 Prozent angenommen, da mit der Mammographie als Projektionsverfahren kleinere Tumoren durch Drüsengewebe überdeckt werden und damit der Diagnostik entgehen können.

Dies betrifft insbesondere Frauen mit sehr dichtem Drüsengewebe. Wenn fälschlicherweise ein abnormer Befund beschrieben wird, der sich bei Folgeuntersuchungen als Fehlbefund herausstellt, kann dieser sogenannte „falsche Alarm“ die Frauen nachhaltig belasten.

Die neue Methode übertrifft herkömmliche mammographische und computertomographische Verfahren in mehrfacher Hinsicht: Sie liefert dreidimensionale computertomografische (CT) Bilder, die eine um das zwei- bis dreifach erhöhte Auflösung aufweisen. Entscheidend ist, dass dieser Ansatz mit einer etwa 25-mal niedrigeren Strahlendosis auskommt als es bisher möglich war.

Die hohen Strahlungsdosen einer Computertomographie der Brust bei hoher Strahlungsempfindlichkeit des Brustdrüsengewebes hatten bislang den Einsatz von CT-Verfahren in der Brustkrebsfrüherkennung verhindert.

Erfolg im Team

Der Erfolg beruht auf der Zusammenarbeit eines Teams aus Physikern, Radiologen und Mathematikern an der „European Synchrotron Radiation Facility“ (ESRF) in Grenoble, Frankreich, sowie an der LMU – hier vor allem im Exzellenzcluster „Munich – Centre for Advanced Photonics“ (MAP) – und an der University of California in Los Angeles (UCLA), von wo Yunzhe Zhao stammt, einer der beiden Erstautoren. Dr. Emmanuel Brun, ehemals an der LMU und nun an der ESRF tätig, ist ebenfalls Erstautor.

Um die Computertomografie auch für das strahlungssensitive Brustgewebe ausreichend sicher zu machen, setzten die Forscher auf hochenergetische Röntgenstrahlung, die Gewebe unter niedriger Dosisbelastung durchdringen kann. Eine zusätzliche Dosisminimierung ermöglicht die Anwendung der sogenannten Phasenkontrastbildgebung, eine Röntgenmethode die bei niedriger Dosis exzellente Bildkontraste liefert. Ein hierfür entwickelter mathematischer Algorithmus erlaubt die Rekonstruktion kontrastreicher und hochauflösender CT Bilder auch bei deutlich reduzierter Strahlendosis.

Überlegene Bildqualität

In Kombination lieferten diese Ansätze bei 512 Aufnahmen einer menschlichen Brust aus verschiedenen Perspektiven mehrere 3D-Bilder in unerreicht hoher Auflösung mit – im Vergleich zu herkömmlichen Mammografien – unerreicht niedriger Strahlendosis. Im Test und ohne Hinweis auf die eingesetzten Verfahren bewerteten fünf unabhängige Radiologen am Institut für Klinische Radiologie der LMU die Bildschärfe, den Kontrast und die allgemeine Bildqualität dieser CT-Aufnahmen. Es ergab sich hierbei eine deutliche Überlegenheit der neuen Methode gegenüber den etablierten bildgebenden Röntgenverfahren.

„Das neue Verfahren könnte der klinischen Anwendung der Computertomografie bei Brustuntersuchungen den Weg ebnen und uns damit eine wertvolle Waffe für den frühzeitigen und verbesserten Kampf gegen Brustkrebs in die Hand geben“, resümiert Professor Maximilian Reiser. Er leitet das Institut für Klinische Radiologie der LMU, das die nötige medizinische Expertise in das Projekt einbrachte. „Die Zusammenarbeit von Forschern aus ganz unterschiedlichen Disziplinen hat diesen Erfolg erst möglich gemacht“, betont Alberto Bravin, der mit seinem Team an der ESRF in rund zehn Jahren die hochqualitativen CT-Bilder aus Röntgendaten entwickelte.

Der Weg zur Anwendung

Die bisherigen präklinischen Erfolge erlauben zukünftige Zielsetzungen: „Als nächstes werden wir versuchen, diese Technik auf die frühe Visualisierung anderer Erkrankungen auszuweiten, und die Voraussetzungen für einen Einsatz in der Klinik zu schaffen“, sagt die LMU-Physikerin Professor Paola Coan. Denn vorerst ist die neue Technologie noch in der laborbasierten Forschungsphase und kann noch nicht a Patienten eingesetzt werden.

Für eine Anwendung und Evaluierung im klinischen Einsatz muss zunächst ein Röntgengerät entwickelt werden, das für einen Standardeinsatz am Patienten bei klinischen Fragestellungen geeignet ist. „Viele Forschungsgruppen arbeiten bereits an der Entwicklung eines solchen Geräts“, sagt Emmanuel Brun. „Ist diese Hürde aber überwunden, so dass ein kommerzielles Röntgengerät zur Verfügung steht, wird die neue Röntgenmethode mit hoher Wahrscheinlichkeit eine große Wirkung haben.“ (ESRF/suwe)

Publikation:
High resolution, low dose phase contrast x-ray tomography for 3D diagnosis of human breast cancers
Y. Zaho, E. Brun et. al.
PNAS Early Online Edition, 22. October 2012
doi: 10.1073/pnas.1204460109
Ansprechpartner:
Professor Dr. Maximilian Reiser
Institut für Klinische Radiologie
Tel.: 089/7095-2750 (Sekretariat Campus Großhadern)
089/5160-9101 (Sekretariat Campus Innenstadt)
Fax: 089/7095-8895
E-Mail: maximilian.reiser@med.uni-muenchen.de
Internet: http://www.klinikum.uni-muenchen.de/de/Kliniken_Abteilungen_Institute/
Abteilungen_Institute/klin_radiologie/index.html
Professor Paola Coan
Fakultät für Physik
Telefon: + 49 (0)89 289-14086
E-Mail: Paola.Coan@physik.uni-muenchen.de
Website: http://www.munich-photonics.de/1/junior-research-groups/brilliant-x-rays-for-medical-diagnostics/

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