Blutschwämme mit Herzmittel verschwinden lassen – Kinderchirurgen begrüßen neue Studienergebnisse

In Deutschland ist er seit April 2014 dafür nun offiziell zugelassen. Eine jetzt im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichte Studie bestätigt, dass diese Therapie sicher und sinnvoll ist. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) sieht daher im Einsatz des Herzmittels Propranolol ein wichtiges Instrument bei der Behandlung von Hämangiomen.

Blutschwämmchen sind oft nur millimetergroße hellrote bis bläuliche Flecke auf der Haut. Mitunter erstrecken sie sich aber auch auf deutlich größere Hautflächen. Um einer problematischen Größenzunahme beziehungsweise funktionellen oder ästhetischen Komplikationen vorzubeugen, müssen Ärzte Blutschwämme oft schon im Frühstadium behandeln.

„Dies betrifft häufig Hämangiome im Gesicht“, erläutert Professor Dr. Rainer Grantzow, Coautor der Studie und Kinderchirurg an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Blutschwämme nahe den Augen etwa können unbehandelt zur Erblindung führen. An der Nase führen sie mitunter zu entstellenden und dauerhaften Veränderungen, an den Lippen verbleiben erfahrungsgemäß oft Reste. Doch große, rasch wachsende oder komplizierte Hämangiome lassen sich mit bisherigen Maßnahmen wie Kältetherapie, Laser und OP oft nicht ausreichend oder schonend genug behandeln.

Zudem bleiben oft Narben und therapiebedürftige Hautveränderungen zurück. „Deshalb greifen wir in solchen Fällen seit einigen Jahren auf Propranolol zurück“, berichtet Professor Grantzow. Seit etwa fünf Jahren ist es im sogenannten „Off-Label-Use“ im Einsatz. Daten aus qualitativ hochwertigen klinischen Studien über die optimale Dosierung und mögliche Nebenwirkungen fehlten bislang.

Diese Lücke schließt nun die aktuell veröffentlichte internationale Studie einer Forschergruppe unter französischer Leitung: Insgesamt hatten sie 456 Kinder mit wachsenden Hämangiomen in die Studie einbezogen. Von diesen erhielten 55 ein Scheinmedikament, ein sogenanntes Placebo. Eine Gruppe von 188 Patienten nahm drei Milligramm Propranolol pro Kilogramm Körpergewicht über 24 Wochen ein. Mit Erfolg: Insgesamt sprachen 88 Prozent der kleinen Patienten positiv auf die Therapie an. Bei 60 Prozent aller Behandelten bildeten sich die Hämangiome vollständig oder nahezu vollständig zurück – gegenüber vier Prozent bei den Kindern mit Placebo. Die geringen Nebenwirkungen wie Kreislaufprobleme waren in beiden Gruppen vergleichbar. Jedoch traten bei zehn Prozent der zunächst erfolgreich behandelten Kinder die roten Male später wieder auf.

„Auch wenn es leider hin und wieder zu einem solchen „Rebound-Effekt“ kommt, ist der Einsatz von Propranolol eine unverzichtbare Therapieoption“, stellt Dr. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH und Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie in Augsburg, fest. „Mit dem Medikament können wir den Kindern eine nach dem heutigen Erkenntnisstand sichere und zumeist auch wirkungsvolle Behandlung anbieten“. Um alle therapeutischen Möglichkeiten optimal auszuschöpfen und dabei gleichzeitig eine Übertherapie zu vermeiden empfiehlt er Eltern, Blutschwämme möglichst frühzeitig einem Kinderarzt oder Kinderchirurgen vorzustellen.

Quelle:
N Engl J Med 2015; 372:735-746 February 19, 2015 DOI: 10.1056/NEJMoa1404710
http://www.nejm.org/toc/nejm/372/8/

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie
Gegründet im Jahr 1963 schafft die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) bis heute Grundlagen für eine bestmögliche kinderchirurgische Versorgung in Deutschland. Dazu gehören Neugeborenenchirurgie, allgemeine Kinderchirurgie und Kindertraumatologie ebenso wie Kinderurologie. Die DGKCH vertritt das Fach in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Derzeit praktizieren hierzulande Fachärzte für Kinderchirurgie in mehr als 80 kinderchirurgischen Kliniken und Abteilungen sowie als Niedergelassene. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurgen. Denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.

Kontakt für Journalisten:
Dr. Adelheid Liebendörfer, Anna Julia Voormann
Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-173
Fax: 0711 8931-167
E-Mail: liebendoerfer@medizinkommunikation.org, presse@dgkch.de

http://www.dgkch.de

Media Contact

Medizin - Kommunikation idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer