Bestimmte Medikamentenallergien sind auf das Erwachen "schlafender" Viren

Diese Arbeit wurde in der amerikanischen Fachzeitschrift Science Translational Medicine vom 25. August 2010 veröffentlicht [1].

Das Überempfindlichkeitssyndrom – starke Reaktion des Immunsystems – tritt erst mindestens drei Wochen nach der Einnahme des Medikaments auf. Die Symptome dieses seltenen Syndroms reichen von Infektionen, über Fieber, geschwollene Lymphknoten, Hautausschlag bis hin zu eventuellen Auswirkungen auf Lunge, Nieren, Leber und Herz. Die Sterblichkeitsrate liegt bei ungefähr 10%.

Die Arzneimittel, die das Syndrom auslösen, sind in den meisten Fällen Antiepileptika (Antikonvulsiva) und Antibiotika, aber auch Allopurinol (gegen Gicht).

Prof. Musette zufolge „wecken“ diese Arzneimittel bei bestimmten Personen mit genetischer Veranlagung das Epstein-Barr-Virus (EBV), das normalerweise im „Schlaf-Modus“ im Organismus vorkommt. Das Risiko einer Überempfindlichkeitsreaktion liege für ein Antikonvulsivum wie Tegretal (Carbamazepin) bei 1/8.000.

Im Rahmen dieser Studie wurden 40 Patienten untersucht, die diese Überempfindlichkeit aufwiesen. Bei 76% von ihnen beobachteten die Forscher eine Vermehrung des EBV im Blut. Bei diesen Patienten richteten sich die meisten Immunzellen, insbesondere die T-Lymphozyten CD8+, gegen die Viren-Partikel. Die Forscher um Philippe Musette konnten so beweisen, dass der Körper gegen die vom Arzneimittel verursachte Reaktivierung des Virus kämpft, und nicht gegen das Arzneimittel selbst, wie bislang angenommen. Somit könnte das Überempfindlichkeitssyndrom nicht nur durch das Aussetzen des Arzneimittels behandelt werden, sondern auch mit Kortikoïden, und in den schlimmsten Fällen mit wenig oder teilsweise effizienten Virostatika (wie Ganciclovir).

[1] „Drug Reaction with Eosinophilia and Systemic Symptoms (DRESS): A Multiorgan Antiviral T Cell Response“, Picard, Janela, Descamps, […] Joly & Musette – Science Translational Medicine – 25.08.2010 – http://stm.sciencemag.org/content/2/46/46ra62.abstract

Kontakte:

– Philippe Musette – Uniklinik für Dermatologie, 1 rue de Germont, 76031 Rouen – Tel: +33 232 88 68 41 – E-Mail: philippe.musette@chu-rouen.fr

– Internetseite der Uniklinik für Dermatologie (auf Englisch): http://www.ihunormandyrouen.fr/ihugb/?page_id=986

Quelle: „Certaines allergies médicamenteuses dues au réveil de virus dormant“, Artikel aus Les Echos – 25.08.2010 http://www.lesechos.fr/depeches/medecine-sante/afp_00276137-certaines-allergies-medicamenteuses-duesau- reveil-de-virus–dormant-.htm

Redakteurin: Léna Prochnow, lena.prochnow@diplomatie.gouv.fr

Media Contact

Léna Prochnow Wissenschaft-Frankreich

Weitere Informationen:

http://www.wissenschaft-frankreich.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer