Berner Krebsforschende bremsen tödliche Blutkrankheiten

Myeloproliferative Neoplasien (MPN) sind eine Gruppe oft tödlich verlaufender, chronischer Bluterkrankungen. Ähnlich wie bei der mit ihnen verwandten Leukämie kommt es zu einer erheblichen Störung der Blutbildung: Die MPN lösen eine unkontrollierte Anhäufung von weissen oder roten Blutkörperchen sowie Blutplättchen aus.

Die wuchernden Blutzellen führen dazu, dass sich die Milz vergrössert und sich unter anderem gefährliche Blutgerinnsel oder Blutungen bilden. Auf 1 Million Menschen leiden etwa 500 bis 1000 an diesen bislang unheilbaren Krankheiten.

Der Berner Krebsforscher Philippe Krebs und sein Team vom Institut für Pathologie der Universität Bern haben nun in einer Studie aufgezeigt, wie MPN angetrieben werden – und damit mögliche neue Therapieansätze offengelegt. Die Erkenntnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift «The Journal of Clinical Investigation» publiziert.

Überproduktion von Botenstoffen treibt Krankheit voran

«Die Entstehung von MPN wird durch Gendefekte im Knochenmark gefördert, die man im Laufe des Lebens erwirbt», sagt Philippe Krebs. Verbunden mit MPN ist indes auch eine Überproduktion verschiedener Botenstoffe – Substanzen, die auf chemischem Wege Signale von Zelle zu Zelle übertragen.

Wie diese Botenstoffe die Entstehung von MPN beeinflussen, war bislang unklar, wie Krebs sagt. Ihm und seinem Team ist es nun gelungen, einen Teil dieses Mechanismus aufzudecken. Mittels Tests an Zellkulturen und Mäusen konnten die Forschenden nachweisen, dass insbesondere ein bestimmter Botenstoff, das sogenannte Interleukin-33 (IL-33), die Entwicklung der Krankheit vorantreibt.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten auch das Knochenmark von MPN-Patienteninnen und -Patienten und stellten dort eine vermehrte Anzahl von IL-33-produzierenden Zellen fest. Sie stimulierten ebenfalls von MPN-Patienten stammende Blutstammzell-Kulturen mit IL-33. Dies führte dazu, dass diese Zellen begannen, sich unkontrolliert zu vermehren – was bei den Erkrankten wiederum die eingangs beschriebenen Symptome auslöst.

Antikörper soll Botenstoff blockieren

Das bessere Verständnis dafür, wie MPN entstehen, hat es dem Team um Philippe Krebs auch ermöglicht, neue Behandlungsmethoden zu erforschen. «In dem wir den IL-33 genetisch blockierten, haben wir es geschafft, das Fortschreiten der Krankheit im Tiermodell zu stoppen oder zu verlangsamen», erklärt Philippe Krebs. Zu diesem Zweck benützten die Forschenden Mäuse mit einem Gendefekt im IL-33-Rezeptor auf den Blutzellen. Bei diesen Mäusen kann der Botenstoff daher nicht an die Blutzellen andocken und es wird keine unkontrollierte Wucherung ausgelöst.

«Die Entwicklung eines Antikörpers, welcher spezifisch IL-33 oder dessen Rezeptor auf den Blutzellen blockiert, wäre im Falle der MPN somit ein vielversprechender Therapieansatz», sagt Philippe Krebs. Bei anderen bösartigen und entzündlichen Krankheiten werden solche auf Antikörper basierenden Strategien gegen Botenstoffe bereits erfolgreich eingesetzt. Bis es bei MPN soweit ist, sind laut Krebs jedoch zusätzliche Studien nötig, um die Funktion von IL-33 – vor allem für die späteren Stadien der Erkrankungen – besser zu verstehen.

Angaben zur Publikation:

Mager L., Riether C., Schürch C., Banz Y., Wasmer MH., Stuber R., Theocharides A., Li X., Xia Y., Saito H., Nakae S., Baerlocher G., Manz M., McCoy K., Macpherson A., Ochsenbein A., Beutler B., Krebs. P. IL-33 signaling contributes to the pathogenesis of myeloproliferative neoplasms. The Journal of Clinical Investigation, 2015 (in press).

Weitere Informationen:

http://tinyurl.com/blutkrankheiten

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Nathalie Matter Universität Bern

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