Molekulare Bildgebung: krankhafte Veränderungen von Zellen sichtbar machen

Mit bildgebenden Verfahren, etwa der Magnetresonanz-Tomographie, lassen sich biologische Prozesse auf zellulärer Ebene sichtbar machen. Wissenschaftlich erprobt werden die Verfahren, die sich noch im Experimentierstadium befinden, derzeit in der Diagnostik von Krebserkrankungen und bei der Kontrolle von Gentherapien. Denn hilfreich sind solche Verfahren generell in allen Bereichen, in denen zelluläre Veränderungen möglichst frühzeitig entdeckt werden müssen. Das molekulare Imaging gehört zu den Themenschwerpunkten des 83. Deutschen Röntgenkongresses in Wiesbaden.

Krankhaft veränderte Zellen haben veränderte Stoffwechsel- und Genaktivitäten. Ebenso bilden sie häufig Eiweißstrukturen – etwa Rezeptoren – auf ihrer Oberfläche, die gesunden Zellen fehlen. Diese Abweichungen machen sich Forscher bei der molekularen Bildgebung (Molecular Imaging) zunutze. Dazu koppeln sie ein Signalmolekül, das von einem bildgebenden Verfahren erkannt werden kann, mit einem anderen Molekül, das sich hochspezifisch mit bestimmten veränderten Zellstrukturen verbindet. Die Verbindung aus Signalmolekül und „Erkennungsmolekül“, bei dem es sich um den Liganden eines Rezeptors oder um das Substrat eines Enzyms handeln kann, wird „Diagnostikum“ genannt.
Um Stoffwechselvorgänge in Zellen sichtbar zu machen, stehen auch heute schon nuklearmedizinische Methoden zur Verfügung: die Positronen-Emissions- Tomographie (PET) und die Single Photon Emission Tomographie (SPECT). Diese Verfahren liefern jedoch nur geringe morphologische Informationen. Darum haben die Ärzte bisweilen Probleme, eine Region mit erhöhter Stoffwechselaktivität im Körper exakt zu lokalisieren. Daher überprüfen Radiologen derzeit, ob die Magnetresonanz-Tomographie (MRT) sowie andere, optische Verfahren bei der molekularen Bildgebung bessere Einsichten liefern können.
„Wegen ihres hohen räumlichen Auflösungsvermögens und des hohen Weichteilkontrasts wird derzeit die MRT als bildgebendes Verfahren favorisiert“, erklärt Professor Wolfhard Semmler von der Abteilung für Biophysik und medizinische Strahlenphysik des Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Im Gegensatz zu PET und SPECT, die im wesentlichen Stoffwechselvorgänge sichtbar machen, können Radiologen mit der MRT auch Gewebestrukturen und morphologische Veränderungen sehr gut darstellen. Hinzu kommt, dass Patienten bei einer Untersuchung mit dem MRT nicht mit radioaktiver Strahlung belastet werden.
Probleme bereitet den Radiologen allerdings die geringe physikalische Nachweisempfindlichkeit der MRT. „Wir benötigen derzeit noch sehr hohe Konzentrationen des Signalmoleküls in den Zielregionen, um überhaupt ein bildgebendes Signal zu erhalten“, sagt Semmler. Darum testen die Forscher derzeit beispielsweise, ob weiße Blutkörperchen, die mit Eisenoxydpartikeln magnetisch markiert wurden, das Problem zumindest in einigen Bereichen lösen können. Wenn sich diese Zellen – etwa bei einer Entzündung – im Gewebe anreichern und sammeln, können sie mit der MRT nachgewiesen werden. Darüber hinaus suchen die Wissenschaftler nach Signal- und Erkennungsmolekülen, die für das jeweilige bildgebende Verfahren besonders gut geeignet sind.
Doch damit nicht genug: Das Diagnostikum muss auch eine hohe Affinität zu den jeweiligen Rezeptoren oder auch Stoffwechselprodukten der veränderten Zelle haben. Ebenso muss es Transportbarrieren überwinden können. „Soll das Diagnostikum beispielsweise veränderte Zellen im Gehirn aufspüren, muss es die Blut-Hirn-Schranke überwinden können“, sagt Semmler. Daher überprüfen die Radiologen derzeit die Einsatzmöglichkeiten verschiedener Molekülverbindungen im Experiment.
Auch neue optisch-bildgebende Verfahren stehen auf dem Prüfstand der Radiologen. Eines davon ist die so genannte Nah-Infrarot-Bildgebung, bei der kurzwelliges und für das menschliche Auge unsichtbares Infrarotlicht bis in den Bereich von wenigen Zentimetern tief in Gewebe vordringen kann. Seine Verteilung ermöglicht den Forschern beispielsweise, verschiedene Gewebsarten, etwa zur Tumordiagnostik, zu unterscheiden.

Rückfragen an:
Prof Dr. med. Dr. rer. nat. Dipl.-Phys. Wolfhard Semmler
Abt. für Biophysik und medizinische Strahlenphysik
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 290
69120 Heidelberg
Tel.: 06221-42 25 50
Fax: 06221-42 26 13
E-Mail: wolfhard.semmler@dkfz.de

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Dipl. Biol. Barbara Ritzert idw

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