Sehen, was Alzheimer nicht sah

Während Alois Alzheimer erst nach dem Tod von Auguste D. feststellen konnte, was im Gehirn seiner Patientin vorgegangen war, können Ärzte heute den Kranken bereits zu Lebzeiten „in den Kopf“ schauen und beobachten, welche anatomischen und funktionellen Veränderungen im Gehirn ablaufen. Prof. Dr. Johannes Pantel und Dr. Peter Uhlhaas beschreiben in der neuen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ zum Thema Alter, welche immensen Forschritte die Alzheimer- und Demenzforschung Dank moderner Schnittbild- und elektrophysiologischer Verfahren gemacht hat.

Inzwischen weiß man auch, dass die Gene mit darüber entscheiden, ob jemand im Alter an Alzheimer-Demenz erkrankt. Bei der vergleichsweise selten auftretenden familiären Form sind die verantwortlichen Gene bekannt. Doch auch bei der häufigeren sporadischen Form der Alzheimer-Demenz konnten inzwischen einige „Risiko-Gene“ identifiziert werden, wie Prof. Dr. Thomas Deller und Dr. Estifanos Ghebremedhin berichten.

Ebenso wie die Alzheimer'sche Krankheit wird auch Parkinson im Expertencluster „Alzheimer und Parkinson Forschung Frankfurt“ an der Universität Frankfurt intensiv erforscht. Prof. Dr. Georg Auburger hat als bisherigen Höhepunkt seiner Tätigkeit in einigen Parkinson-Familien als Krankheitsursache ein Gen identifiziert, dessen Ausfallen den Funktionsverlust eines Eiweißes namens PINK1 in den Mitochondrien bewirkt. Diese Beobachtung stellt die bisherige Theorie in Frage, nach der die Krankheit durch Ablagerungen oder Verklumpungen bestimmter Eiweiße ausgelöst wird. Auburger hat Hinweise darauf gefunden, dass die Ursache vielmehr in einer „Verrostung“ der Mitochondrien durch oxidativen Stress liegt. Experimentelle Therapien mit anti-oxidativen Medikamenten sind inzwischen in Zellkultur getestet worden und sollen künftig auch im Mausmodell zum Einsatz kommen.

Interessanterweise hat sich die Wissenschaft bis heute nicht auf eine allgemein gültige Alternstheorie geeinigt. Dass Altern nicht unbedingt eine evolutionäre Notwendigkeit ist, belegt der Biologe Prof. Dr. Roland Prinzinger. Viele Organismen altern überhaupt nicht, entweder, weil sie sich ständig selbst erneuern, oder weil sie direkt nach der Fortpflanzung sterben. Was beim Alterungsprozess auf molekularer Ebene passiert, erforscht Prof. Dr. Heinz Osiewacz nun schon seit beinahe drei Jahrzehnten an dem Schlauchpilz Podospora anserina. Bei der Aufklärung der vernetzten molekularen Pfade, die an den Alterungsprozessen beteiligt sind, ist er auf „Langlebigkeits-gene“ gestoßen. Durch gentechnische Manipulation konnte er einen Stamm züchten, dessen Lebensdauer sich um das Zehnfache verlängerte. Das Gen unterdrückt den Prozess der Mitochondrienteilung.

Dass Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle, eine Schlüsselrolle in Alterungsprozessen spielen, belegen auch die Untersuchungen von Prof. Dr. Jürgen Bereiter Hahn und Prof. Dr. Ulrich Brandt im Rahmen des Exzellenzclusters Makromolekulare Komplexe. Welche Funktion das in Hautcremes häufig verwendete Coenzym Q10 dabei hat, lesen Sie in der neuen Ausgabe von Forschung Frankfurt.

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Nähere Information: Dr. Anne Hardy, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Telefon 069/798 28626, E-Mail hardy@pvw.uni-frankfurt.de

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