Wie gefährlich sind Pilzgifte und Dieselabgase?

Sie sind auch als der „Fluch des Pharao“ bekannt: Aflatoxine – hochgiftige und krebserregende Wirkstoffe aus bis zu mehreren hundert Jahre alten Schimmelpilzen, die sich auch in Wal- und Erdnüssen oder Pistazien finden können – kommen in der Nahrungsmittelindustrie, in der Landwirtschaft sowie bei Laboranalysen vor. Bekannt sind die Wirkstoffe schon seit langem – doch jetzt bewertete sie die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die jährliche MAK- und BAT-Werte-Liste der DFG. Ergebnis: Aflatoxine erregen Krebs, schädigen Keimzellen und können nicht nur durch Einatmen, sondern bereits durch längeren Hautkontakt gefährlich werden.

So wie die Aflatoxine untersuchte die Senatskommission der DFG insgesamt 107 Arbeitsstoffe und schlug auf dieser Grundlage Neuaufnahmen oder Änderungen für die MAK- und BAT-Liste vor. In dieser Liste werden zum einen die Grenzwerte für die maximale Konzentration von Arbeitsstoffen in der Atemluft ausgewiesen, die die Gesundheit nicht beeinträchtigen (MAK-Werte); zum anderen die Konzentration eines Stoffes, der ein Mensch sein Arbeitsleben lang ausgesetzt sein kann, ohne gesundheitlichen Schaden zu nehmen (BAT-Werte). Die so fortgeschriebene Liste wurde jetzt wie jedes Jahr im Juli dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales übergeben. Bis zum Ende des Jahres können nun zu jedem bewerteten Stoff die ausführlichen schriftlichen Begründungen beim Kommissionssekretariat angefordert und weitere neue Daten und Kommentare ergänzt werden, die wiederum von der DFG-Senatskommission geprüft und noch berücksichtigt werden können. Anschließend verabschiedet die Senatskommission die vorgeschlagenen Werte und ihre Begründungen endgültig. Sie dienen dem Gesetzgeber als Empfehlung für den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.

Auch Abgasen aus Dieselmotoren widmete sich die Kommission in diesem Jahr und überprüfte die vorliegenden Daten zur Krebserzeugung beim Menschen. Sie beließ die Einstufung jedoch in der sogenannten Kategorie 2 – mit dem Hinweis, dass noch keine Aussage über Emissionen modernster Dieselmotoren möglich ist. Kategorie 2 benennt Stoffe, die als krebserzeugend beim Menschen anzusehen sind, weil Tierversuche und zum Teil auch epidemiologische oder Studien zum Wirkungsmechanismus auf einen nennenswerten Beitrag zum Krebsrisiko hinweisen. Insgesamt hat die Kommission in diesem Jahre 27 Stoffe auf krebserzeugende Wirkung überprüft oder aus diesem Grund neu in die MAK-Liste aufgenommen. Weitere 13 überprüfte sie auf ihre unerwünschten Wirkungen auf Keimzellen. Den Zusatz „H“ – nicht nur durch Inhalation, sondern auch durch Aufnahme über die Haut gefährlich – bekamen insgesamt 22 Stoffe. Bei neun weiteren Stoffen überprüfte die Kommission diese Markierung, behielt sie aber bei.

Für Phosgen, das im ersten Weltkrieg als chemische Waffe eingesetzt wurde, heute aber eine große Rolle bei der Produktion von Kunststoffen spielt, setzte die Kommission den MAK-Wert neu fest, und zwar aufgrund neuer detaillierter Studien bei dem revidierten, höheren Wert von 0,1 ml/m³. Die maximale Konzentration von Essigsäure soll am Arbeitsplatz bei 10 ml/m³ liegen. Für Essigsäure ergab sich außerdem, dass sie bei eingehaltenem MAK-Wert während der Schwangerschaft ungefährlich ist. Die Kommission überprüfte auch ältere MAK-Werte – in Zusammenarbeit mit der europäischen und der amerikanischen Kommission – für Stoffe wie das als Sprengstoff bekannte TNT oder Salpetersäure. Ersterer erzeugt im Tierversuch Krebs und erhält daher nicht länger einen MAK-Wert. Für Salpetersäure ist die Datenlage unzureichend und der MAK-Wert entfällt deshalb. Für insgesamt zwölf Stoffe ändern sich die MAK-Werte beziehungsweise werden neu vorgeschlagen. In vier Fällen bestätigte sich auch bei neuerlicher Prüfung der bestehende MAK-Wert. Für fünf weitere Stoffe genügte die Datenmenge nicht, um einen belastbaren Wert vorzuschlagen. Darüber hinaus prüfte die Kommission 17 Arbeitsstoffe auf eine Gefährdung in der Schwangerschaft. Bei den als Lösungsmittel verwendeten Stoffen 2-Ethoxyethanol und 2-Ethoxyethylacetat konnte trotz des abgesenkten MAK-Wertes eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden, bei allen übrigen besteht bei eingehaltenem MAK-Wert keine Gefährdung.

Die MAK- und BAT-Werte-Liste führt darüber hinaus Stoffe auf, die Allergien an den Atemwegen und der Haut auslösen. In diesem Jahr sind daraufhin zehn Stoffe untersucht worden. Der bekannteste ist sicherlich Nickel und seine Verbindungen, die weiterhin alle als sensibilisierend bewertet sind.

Für die Liste 2007 ist der BAT-Wert erstmals als Mittel- statt als Höchstwert eines Stoffes angegeben, dem ein Mensch sein Arbeitsleben lang ausgesetzt sein kann, ohne dass er gesundheitlichen Schaden nimmt. Diese Regelung trägt nicht nur den oft nur als Mittelwert erfassbaren Daten Rechnung, sondern macht die Ergebnisse auch mit den internationalen Grenzwerten der entsprechenden europäischen und amerikanischen Organisationen (Kommissionen) vergleichbar. In der BAT-Liste gab es in diesem Jahr zehn Änderungen und Neuaufnahmen. Neue sogenannte Biologische Leitwerte (BLW) führte die Kommission für Acrylamid und Cadmium auf. Diese Werte quantifizieren Stoffe, die keinen BAT-Wert erhalten, weil sie beispielsweise krebserzeugend sind. Auch bei einem Einhalten dieser BLW ist ein Risiko nicht ausgeschlossen, sie sind jedoch Bewertungskriterien für die arbeitsmedizinische Überwachung.

Die MAK- und BAT-Werte-Liste 2007 ist die letzte, die die Senatskommission unter dem langjährigen Vorsitz von Professor Helmut Greim erarbeitet hat. Den Vorsitz übernahm in der Plenarsitzung der Kommission im März dieses Jahres Professor Andrea Hartwig, Technische Universität Berlin.

Weitere Informationen
Eine Liste mit allen Neuaufnahmen und Änderungen können Sie im Internet abrufen unter www.dfg.de/aktuelles_presse/reden_stellungnahmen/download/mak2007.pdf.
Mehr über die Arbeit der Senatskommission erfahren Sie auf der Seite www.dfg.de/dfg_im_profil/struktur/gremien/senat/kommissionen_ausschuesse/

senatskommission_pruefung_arbeitsstoffe/index.html. Dort finden Sie auch weitere Informationen über die neue Vorsitzende der Kommission, Professor Andrea Hartwig, sowie Ansprechpartner bei der DFG und die Kontaktdaten des Kommissionssekretariates, wo auch die wissenschaftlichen Begründungen für die Änderungen angefordert werden können.

Hinweis für Redaktionen:
Redaktionen können bei der DFG-Geschäftsstelle ein kostenloses Rezensionsexemplar anfordern: Deutsche Forschungsgemeinschaft, Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kennedyallee 40, 53175 Bonn, Tel. +49 228 885-2109, Fax: +49 228 885-2180, E-Mail: Michael.Hoenscheid@dfg.de
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