Krebs-Vorstufen immer operativ entfernen?

Gebärmutterhalskrebs: Neuer Test soll Klarheit schaffen

Heidelberg – Gebärmutterhalskrebs ist weltweit eine der häufigsten Krebserkrankungen bei Frauen. In 99 Prozent der Fälle ist die Krebs-Ursache bekannt: Humane Papillomviren. Vorstufen des Krebses(Dysplasien) können durch eine einfache Operation entfernt werden. Doch oft bilden sich diese Dysplasien auch von selbst zurück. Eine Heidelberger Arbeitsgruppe hat ein Verfahren entwickelt, das die Integration der Virus-Gene in die Erbsubstanz der veränderten Zellen des Gebärmutterhalses nachweist – ein Ereignis, das wesentlich zur Krebsentstehung beiträgt. Die Forscher wollen innerhalb klinischer Studien untersuchen, in wieweit dieses Verfahren bei der Entscheidung für oder gegen eine Operation mit herangezogen werden kann. Die Deutsche Krebshilfe unterstützt das dreijährige Projekt mit insgesamt 294.000 Mark.

An Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) erkranken weltweit jährlich mehr als 400.000 Frauen, in Deutschland sind es 5.800 Betroffene pro Jahr. Der Tumor wird durch chronische Infektionen mit bestimmten Viren, den humanen „Hoch-Risiko“ Papillomviren (HR-HPV), hervorgerufen. Die Viren werden durch Geschlechtsverkehr übertragen. Je nach Lebensalter sind weltweit mehr als 20 Prozent der weiblichen Bevölkerung mit den Krebs-verursachenden Papillomviren infiziert. Nur bei einem geringen Anteil der infizierten Frauen verändern sich die Oberflächenzellen des Gebärmutterhalses (Dysplasie). Bei noch sehr viel weniger Patientinnen entwickelt sich aus den dysplastischen Zellen ein bösartiger Tumor. Werden die Zell-Veränderungen früh erkannt, können sie durch eine einfache Operation (Konisation) entfernt werden. Allerdings ist mittlerweile bekannt, dass sich viele Dysplasien auch von alleine zurückbilden. Doch die Gynäkologen können mit den heute zur Verfügung stehenden Methoden nicht erkennen, welche Krebsvorstufen in ein Karzinom übergehen werden.

Eine Arbeitsgruppe der Sektion für Molekulare Diagnostik und Therapie an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg entwickelte unter der Leitung von Professor Dr. Magnus von Knebel-Doeberitz ein Verfahren, mit dem Vorstufen des Zervixkarzinoms, die ein besonders hohes Krebs-Risiko aufweisen, erkannt werden können. Dem so genannten APOT-Test (Amplification of Papillomavirus Oncogene Transcripts) liegt die Beobachtung zu Grunde, dass die Erbsubstanz der Papillomviren oftmals in die DNA von bösartig veränderten Zellen eingebaut ist. Mit der Integration geht ein schnelleres Wachstum der infizierten Zellen einher. In Zellen des Gebärmutterhalses, die nur leicht verändert sind, liegt das Virus-Genom dagegen frei, also nicht in die Zell-DNA eingebaut, vor. Professor von Knebel-Doeberitz: „Mit Hilfe des APOT-Tests können wir die integrierten Virus-Gene nachweisen.“

In ersten, von der Deutschen Krebshilfe bereits mit 660.000 Mark geförderten, klinischen Studien wurden Patientinnen mit dem neuen Verfahren untersucht, die an unterschiedlich schweren Dysplasien bis hin zu bösartigen Tumoren erkrankt waren. Die Wissenschaftler interessierten sich dabei für den Schweregrad der Zell-Veränderung in Abhängigkeit vom integrierten beziehungsweise frei vorliegenden Erbgut der Papillomviren. Die Mediziner konnten zeigen, dass der Nachweis von integrierten Virus-Genen fast immer auf Gebärmutterhalskrebs hindeutete. In der momentan von der Deutschen Krebshilfe geförderten klinischen Studie untersuchen die Heidelberger Forscher ungefähr 2.500 Patientinnen mit Virus-bedingten Gebärmutterhals-Dysplasien. „Wir wollen feststellen, ob das Vorhandensein eines integrierten Virus-Genoms das Risiko für die Patientinnen erhöht, einen bösartigen Tumor zu entwickeln. Der Nachweis des integrierten Erbgutes könnte die Entscheidung beeinflussen, ob konisiert werden muss oder nicht“, so Projektleiter von Knebel-Doeberitz. Nach Aussage des Mediziners könnten durch das neue Verfahren Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses sehr viel gezielter nachgewiesen und damit eine Menge unnötiger Operationen vermieden sowie erhebliche Kosten eingespart werden.

Info-Kasten: Früherkennung Gebärmutterhalskrebs

Ein Zellabstrich vom Gebärmutterhals ist Bestandteil des Krebsfrüherkennungsprogramms, an dem jede gesetzlich versicherte Frau ab dem 20. Lebensjahr einmal jährlich teilnehmen kann. Stellen die Ärzte Zellveränderungen fest, schneiden sie meist in einer einfachen Operation das betroffene Gewebe kegelförmig aus dem Gebärmutterhals heraus. Durch dieses Früherkennungsprogramm sank in den vergangenen Jahren sowohl die Anzahl der auftretenden Krebsfälle als auch die Sterblichkeitsrate.

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Dr. med. Eva M. Kalbheim-Gapp idw

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