Neues Verfahren soll Fehldiagnosen verhindern
Multiple Sklerose kann nun besser von einer ähnlichen entzündlichen Erkrankung des Rückenmarks, dem Devic-Syndrom, unterschieden werden. Die Cecilie-Vogt-Klinik für Molekulare Neurologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin hat die Bedeutung eines Antikörpers für das Devic-Syndrom erforscht und hierfür in Zusammenarbeit mit Labormedizinern einen quantitativen Test zur Diagnose entwickelt.
Der Nachweis basiert auf dem im Blut der Patienten vorhandenen Aquaporin-4-Antikörper. Multiple Sklerose (MS) und das Devic-Syndrom sind autoimmun bedingte entzündliche Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Sie weisen zunächst ähnliche Symptome auf, weshalb eine Unterscheidung der Erkrankungen anfangs schwer fällt. Die Besonderheit beim Devic-Syndrom: Neben einer Entzündung des Rückenmarks erfolgt die Entzündung mindestens eines Sehnervs. Bei Multipler Sklerose sind auch andere Bereiche des zentralen Nervensystems betroffen. Die frühzeitige Unterscheidung der beiden Krankheiten ist wichtig, da eine unterschiedliche Behandlung notwendig ist.
Vor einiger Zeit wurde bei Patienten mit dem Devic-Syndrom entdeckt, dass sie offensichtlich Antikörper gegen eine bestimmte Struktur im Nervensystem besitzen. Es wurde vermutet, dass diese Antikörper ein Protein namens Aquaporin-4 erkennen, das für die Bildung von Kanälen in der Zellmembran zuständig ist und den Durchtritt von Wassermolekülen erleichtert. Dass die Patienten tatsächlich Antikörper gegen Aquaporin-4 in ihrem Blut haben, wurde jetzt mit dem neuen Test gezeigt, der den quantitativen Nachweis der Aquaporin-4-Antikörper ermöglicht. Aquaporin-4 wird hierbei mit einem gentechnischen Verfahren hergestellt und radioaktiv markiert. Dem Patienten wird anschließend Blut abgenommen, das daraufhin dem künstlichen Protein hinzugegeben wird.
Bei Betroffenen mit dem Devic-Syndrom müssten sich die spezifischen Antikörper aus dem Blut nach einiger Zeit an das radioaktiv markierte Aquaporin-4 binden. Nicht gebundenes Aquaporin-4 wird anschließend aus der Lösung extrahiert und die restliche Radioaktivität dieser Lösung bestimmt. Je größer sie ist, desto mehr Antikörper befinden sich im Blut der Patienten, was für ein Devic-Syndrom spricht.
Antikörper gegen Aquaporin-4 konnten in der Studie unter der Leitung von Dr. Friede-mann Paul und Dr. Orhan Aktas bei 63 Prozent der Patienten mit dem Devic-Syndrom nachgewiesen werden. MS-Patienten und Patienten mit anderen entzündlichen und nicht-entzündlichen neurologischen Erkrankungen wiesen hingegen fast keine Aquaporin-4-Antikörper auf. Der Antikörper ist also sehr spezifisch für das Syndrom.
„Das bedeutet, dass man mit Hilfe des Test auf Aquaporin-4-Antikörper das Devic-Syndrom diagnostizieren kann, noch bevor die Erkrankung in ein fortgeschrittenes Stadium übergeht. Weitere Krankheitsschübe könnten eventuell durch die frühzeitige Behandlung verhindert werden“, erklärt Prof. Frauke Zipp, Leiterin der Cecilie-Vogt-Klinik an der Charité.
Kontakt
Prof. Dr. Frauke Zipp
Leiterin
Cecilie-Vogt-Klinik
Charité –
Universitätsmedizin Berlin
Tel.: 030 – 450 539 028
frauke.zipp@charite.de
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http://www.charite.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit
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