Neue Bestrahlung kann Operation bei Lungenkrebs ersetzen

Lungenkrebs ist eine der häufigsten bösartigen Tumorerkrankungen. Die Behandlung besteht in vielen Fällen in einer Operation und einer Strahlenchemotherapie, in sehr frühen Tumorstadium auch in einer alleinigen Operation. Die alleinige Strahlentherapie im frühen Stadium hatte bisher den Nachteil, dass auch gesunde Teile des empfindlichen Atmungsorgans Lunge in Mitleidenschaft gezogen wurden, so dass die Leistungsfähigkeit der Erkrankten auch nach der Therapie meist eingeschränkt blieb.

Bei der herkömmlichen Strahlentherapie mit dem Linearbeschleuniger wird während der ein- bis zweiminütigen Bestrahlung durch die Atembewegung auch ein mehrere Zentimeter breiter Saum aus gesundem Gewebe rund um den Tumor mitbestrahlt. „Die Folge ist oft eine strahlenbedingte Lungenentzündung“, erklärt Prof. Dr. Thomas Wendt, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Jena (UKJ). „Um dieses Risiko den Patienten zu ersparen, blieb die Operation die Therapiemethode der ersten Wahl.“

Mit einem modernen Bestrahlungsverfahren können die Radiologen jetzt die Bestrahlung so der Atembewegung anpassen, dass der „Sicherheitssaum“ um den Tumor nicht mehr betroffen ist. „Am Universitätsklinikum Jena haben wir jetzt eine innovative Technik eingeführt und weiterentwickelt, mit deren Hilfe die Sicherheitssäume um den Tumor drastisch verkleinert werden konnten“, sagt Prof. Thomas Wendt. „Diese „atemgetriggerte“ (atemgesteuerte) Bestrahlung sorgt dafür, dass der Lungentumor nur in einer ganz bestimmten Atemphase bestrahlt wird“, so der Strahlentherapeut Wendt. Dafür wird der Tumor bildtechnisch dreidimensional erfasst und während der Bestrahlung kontrolliert – bewegt er sich atembedingt auch nur wenige Millimeter aus dem Bestrahlungsfeld, schaltet der Linearbeschleuniger die Strahlung ab und beginnt damit erst wieder, wenn der Tumor wieder in das festgelegte Bestrahlungsfeld zurückgekehrt ist. Wendt: „Mit diesem Verfahren können bis zu vier Zentimeter große Bronchialkarzinome mit wenigen, sehr hohen Einzeldosen mit hoher Zielgenauigkeit bestrahlt werden.“ Auf diese Weise kann Lungenkrebspatienten eine schonende Alternative zu einer oft belastenden und auch risikoreichen Operation der Lunge angeboten werden. Zudem werden durch das Verfahren das häufig in unmittelbarer Nähe zum Krebsherd befindliche Herz und das Rückenmark von Strahlenbelastungen verschont.

Vor wenigen Wochen haben die Radioonkologen des UKJ erstmals in Europa ein neues Verfahren zur atemgesteuerten Bestrahlung zur Behandlung eingesetzt. „Einen 80-jährigen Lungenkrebs-Patienten konnten wir so erfolgreich behandeln und ihm eine Operation, die auf Grund von Begleiterkrankungen für ihn zu risikoreich gewesen wäre, ersparen“, erläutert Prof. Thomas Wendt. Stattdessen wurde in neun ambulanten Sitzungen jeweils 20 Minuten die neue Bestrahlungstechnik eingesetzt. „Dadurch konnten wir innerhalb von sechs Wochen das Tumorvolumen um die Hälfte verkleinern“, zeigt sich der Jenaer Strahlentherapeut Wendt zufrieden.

Die neue Methode soll künftig am Jenaer Klinikum verstärkt bei Lungenkrebspatienten zum Einsatz kommen. Wendt: „Mit unserer neuen Methode können wir jetzt vielen Patienten helfen, für die eine Operation nicht in Frage kam – ohne dass dabei gesundes Gewebe und Organe mit der Strahlung in Berührung kommen.“

Mit mehr als 30.000 Neuerkrankungen pro Jahr ist Lungenkrebs die dritthäufigste Krebserkrankung. Der wichtigste Risikofaktor ist das Rauchen – mehr als 90 Prozent der Männer und 60 Prozent der Frauen mit Lungenkrebs waren längere Zeit Raucher.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Thomas Wendt
Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641/934004
E-Mail: Strahlentherapie[at]med.uni-jena.de

Media Contact

Helena Reinhardt idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de/

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