Chinesische Medizin in der Krebstherapie

Wenn Krebszellen unempfindlich gegenüber der Therapie werden, hat das fatale Folgen: Die Medikamente wirken nicht mehr und die bösartigen Zellen wachsen ungehemmt weiter. Eine Forschergruppe am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg hat jetzt Substanzen aus chinesischen Heilkräutern identifiziert, mit denen diese so genannte Chemo-Resistenz der Krebszellen überwunden werden kann. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Forschungsprojekt mit 418.000 Euro.

Eine Chemotherapie zerstört Krebszellen unter anderem, indem sie den programmierten Zelltod im Tumor auslöst. Dieser Prozess wird in der Fachsprache als Apoptose bezeichnet. Er führt dazu, dass die Zellen absterben. „Während der Therapie kann es jedoch passieren, dass sich die Krebszellen verändern und der Zelltod nicht mehr oder nur schlecht aktiviert wird“, erklärt Professor Dr. Peter Krammer, Projektleiter und Sprecher des Forschungsschwerpunkts Tumorimmunologie am DKFZ. „Wirkstoffe, die aus den chinesischen Heilkräutern isoliert wurden, könnten in solchen Fällen neue Hoffnung geben: Sie machen die Krebszellen wieder empfindlich für das Zelltod-Signal.“ Die pflanzlichen Substanzen greifen in andere Signalwege ein als herkömmliche Chemotherapeutika. So könnten sie auch Tumoren zerstören, bei denen eine klassische Chemotherapie versagt.

Die Moleküle mit den wissenschaftlichen Namen Wogonin und Rocaglamid wurden aus Kräutern gewonnen, die in der chinesischen Heilkunde eingesetzt werden. Sie wirken zum Beispiel bei Entzündungen. „Im Labor konnte meine Mitarbeiterin Frau Dr. Min Li-Weber zeigen, dass die molekularen Wirkstoffe aus den Pflanzen entartete Zellen des Blutes und des Abwehrsystems zerstören“, erläutert Krammer. „Bösartige Tumoren in Mäusen sind durch die Behandlung mit diesen Wirkstoffen sogar stark geschrumpft.“ Ein weiterer Vorteil dieser potentiellen Medikamente: Gesunde Zellen werden nicht oder nur geringfügig geschädigt.

„Wir wollen nun den Wirkmechanismus dieser Kräuterextrakte genauer aufklären und sie als verträgliche Medikamente für den Einsatz in der Krebstherapie weiterentwickeln“, beschreiben die Wissenschaftler die Ziele ihres Forschungsprojekts. Die Arbeitsgruppe untersucht insbesondere entartete Zellen des Abwehrsystems, die Leukämien (Blutkrebs) und bösartige Tumoren des Lymphsystems verursachen. Die Wirkstoffe wären prinzipiell aber auch gegen andere Tumoren anwendbar.

Die chinesische Medizin ist schon mehrere Tausend Jahre alt. Im Mittelpunkt der Behandlungsmethoden steht die Kräuterheilkunde. In der westlichen Welt wird die chinesische Medizin vorwiegend in Ergänzung zur klassischen Schulmedizin angewandt. „Grundsätzlich stellen chinesische Heilkräuter und die in ihnen enthaltenen Substanzen eine viel versprechende Quelle für neue Krebs-Medikamente dar. Bis die Substanzen in der Therapie angewendet werden können, ist jedoch noch intensive Forschungsarbeit notwendig“, betont Krammer.

Projektnummer: 107178

Infokasten: Apoptose
Der programmierte Zelltod ist ein „Selbstmordprogramm“, das auf bestimmte Signale hin ausgelöst wird. Dieser Prozess, in der Fachsprache Apoptose genannt, ist ein zentrales Entwicklungsprinzip des Lebens: Er bewirkt, dass kranke, alte und nutzlose Zellen absterben. In Krebszellen ist das Apoptose-Programm gestört; die Tumorzellen reagieren nicht oder nur schlecht auf die Zelltod-Signale und teilen sich ungehindert weiter. Die Deutsche Krebshilfe fördert ein Forschungsschwerpunktprogramm „Apoptose“, an dem bundesweit mehrere Institute und Kliniken beteiligt sind. Das Ziel dieses Förderschwerpunkts ist es, die molekularen Ursachen für die Störung der Apoptose in Krebszellen weiter aufzuklären und den Zelltod in bösartigen Tumoren wieder anzuschalten.

Media Contact

Dr. med. Eva M. Kalbheim idw

Weitere Informationen:

http://www.krebshilfe.de

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