Tumoren den Saft abdrehen


Neue Erkenntnisse zum Bauchspeicheldrüsenkrebs

Bochum – Damit ein Tumor wachsen kann, muss er mit Blut versorgt werden. Forscher der Universität Bochum haben jetzt nachgewiesen, dass das Gen DPC4 die Neubildung von Blutgefäßen hemmen kann. Das Gen wurde bereits 1996 für die Entstehung von Bauchspeicheldrüsenkrebs mitverantwortlich gemacht, denn es fehlt häufig im bösartig veränderten Gewebe. Die jetzt gezeigte Funktion von DPC4 entschlüsselt den zugrunde liegenden Mechanismus: Wenn in dem entstehenden Tumor das DPC4 verloren geht, dann kann der Tumor Blutgefäße neu bilden (Angiogenese). Diese überraschenden Ergebnisse könnten zukünftig die Früherkennung verbessern und die Grundlage für neue Therapieansätze zur Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs sein. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Projekt über einen Zeitraum von drei Jahren mit über 850.000 Mark.

Der Bochumer Wissenschaftler Privatdozent Dr. Stephan Hahn entdeckte während seines von der Deutschen Krebshilfe finanzierten Stipendiums in Baltimore ein Gen, das bei der Entstehung von Bauchspeicheldrüsenkrebs eine wichtige Rolle spielt. Dieses Gen, DPC4 (Deleted in Pancreatic Carcinoma) oder Smad4 genannt, fand sich in der Hälfte der von ihm untersuchten Tumoren nicht oder lag in einer veränderten Form vor. Da der Verlust der normalen Funktion dieses Gens offenbar zur Tumorbildung beiträgt, wurde DPC4 als „Tumorsuppressor“ (Wachstumsbremse) klassifiziert.

Man weiß, dass das Produkt des gefundenen Gens Bestandteil einer Signalkette ist, an deren Ende die Unterdrückung der Zellteilung steht. Zu überraschenden Ergebnissen gelangten jetzt Dr. Irmgard Schwarte-Waldhoff, ihr Kollege Dr. Hahn und der Direktor der Medizinischen Universitätsklinik Knappschaftskrankenhaus der Ruhr-Universität Bochum, Professor Dr. Wolff Schmiegel: Das DPC4-Gen steuert die Neubildung von Blutgefäßen. Für das Wachstum eines Tumors ist die Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff über das Blut eine unabdingbare Voraussetzung. Somit beeinflusst DPC 4 auf indirektem Weg das Wachstum des Tumors.

„Im normalen Gewebe werden Blutgefäße durch eine genau kontrollierte Balance von stimulierenden und hemmenden Faktoren in einem Ruhezustand gehalten. Verlieren Tumorzellen jedoch das DPC 4-Gen, so steigt in diesen Zellen die Rate von Gefäßneubildungen“, erklärt die Projektleiterin Dr. Schwarte-Waldhoff. In enger Zusammenarbeit mit Professor Dr. Noel Bouck in Chicago konnte sie zeigen, dass Tumorzellen auf diesem Wege eine Neubildung von Blutgefäßen induzieren. „Wir sprechen hier von einem „angiogenen switch“, ein Mechanismus, der häufig mit der Fähigkeit von Tumoren einhergeht, in gesundes Gewebe einzuwachsen und auch eine Voraussetzung für die Bildung von Tochtergeschwülsten ist.“ Diese Funktion von DPC4 steht im Einklang mit dem ebenfalls kürzlich erhobenen Befund, dass das Gen beim Übergang von gutartigen Tumorvorstufen in bösartige Veränderungen inaktiviert wird.

Die Ergebnisse der Bochumer Arbeitsgruppe verbessern die Ausgangsbasis, Strategien zur Frühdiagnose von Bauchspeicheldrüsenkrebs zu entwickeln. Weiterhin stellen sie möglicherweise eine Grundlage für die Entwicklung neuer Therapien dar: Zum Einen könnte die Einschleusung des intakten DPC4-Gens das Tumorwachstum stoppen. Hier gilt es allerdings noch grundlegende methodische Probleme zu überwinden. Zum Anderen erscheint die Therapie mit Substanzen, welche die Angiogenese hemmen, Erfolg versprechend. Die von der Deutschen Krebshilfe geförderten Bochumer Forscher untersuchen außerdem, inwieweit das DPC4-Gen an der Entstehung anderer Tumoren des Verdauungstraktes beteiligt ist. Die Studien-Ergebnisse wurden jetzt in einer angesehenen amerikanischen Fachzeitschrift veröffentlicht (www.pnas.org/cgi/content/full/97/17/9624).

Info-Kasten: Bauchspeicheldrüsenkrebs

Jährlich erkranken rund 10.000 Menschen in Deutschland an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes starben 1998 rund 11.600 Menschen an den Folgen dieser Krebsart. Das Pankreaskarzinom, wie der Tumor in der medizinischen Fachsprache genannt wird, ist damit auch heute noch die Krebserkrankung mit der höchsten Sterberate. Der Grund: Die Operation ist der bisher einzig mögliche Heilungsweg. Bei den meisten Menschen ist jedoch zum Zeitpunkt der Diagnose die Krebserkrankung schon so weit fortgeschritten, dass Ärzte den Tumor nicht mehr operativ entfernen können.

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Dr. med. Eva M. Kalbheim-Gapp

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