Berufsausbildung im Schichtsystem untersucht

Im Jahr 2000 führte der Autohersteller AUDI mit einem neuen Ausbildungsmodell ein Zweischichtsystem ein. Damit beschritt er Neuland, denn es lagen keine Erfahrungen über die gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen dieses Arbeitszeitmodells bei der Ausbildung von Jugendlichen vor.

Deshalb wurde aus arbeitsmedizinischer Sicht die Frage untersucht, ob und wenn ja, welche nachteiligen Folgen für Gesundheit, Wohlbefinden, Arbeitsproduktivität und Lernbereitschaft der Auszubildenden auftreten. Die jetzt als Forschungsbericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) veröffentlichten Ergebnisse zeigen keine negativen Einflüsse auf die Gesundheit und das Sozialverhalten der Jugendlichen, die sich auf die Wechselschicht zurückführen lassen.

Im Auftrag der BAuA führte das Institut und Poliklinik für Arbeits-, Umwelt- und Sozialmedizin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg eine umfangreiche Untersuchung durch, um negative gesundheitliche Auswirkungen des Wechsels zwischen Tag- und Spätschicht frühzeitig erfassen zu können. Dabei wurden die erstmalig im Schichtbetrieb ausgebildeten Lehrlinge mit Auszubildenden aus dem letzten Jahrgang verglichen, der ohne versetzte Ausbildungszeiten geschult wurde. In drei Wellen vor, während und nach der zweijährigen Erhebung nahmen die Mediziner Blut- und Urinproben bei beiden Lehrlingskollektiven. Zudem erfassten sie Blutdruck, Body-Mass-Index, EKG, Herzfrequenz und andere klinische Parameter. Mittels standardisierter Fragebögen ließen sich Erkenntnisse über psychosomatische Befindlichkeit, depressive Störungen, das allgemeine Gesundheitsverhalten wie Ernährung, Schlaf, Rauchen und Alkoholkonsum sowie das allgemeine Wohlbefinden erfragen. Eine psychologische Untersuchung lieferte Daten über Lernverhalten, Lebensqualität und soziale Kompetenz.

Auch wenn wegen der kleinen Zahl von Probanden und der geringen Teilnehmerquote nur 124 komplette Datensätze der Erhebungsgruppe vorlagen, weisen die Ergebnisse nicht auf eine gesundheitsschädigende Wirkung des Ausbildungsschichtsystems hin. Negative Einflüsse auf das Sozialverhalten der Jugendlichen, auf das Rauch- und Trinkverhalten und die allgemeine Stimmung ließen sich nicht feststellen. Sportliche Aktivitäten gingen zwar zurück. Dies zeigte sich allerdings vor allem bei Untersuchungsteilnehmern, deren Motivation zu sportlicher Betätigung ohnehin eher gering war. Zum Teil behindert jedoch die Kollision von Trainings- und Arbeitszeiten das sportliche Engagement. Wer abends arbeitet, geht allerdings auch nicht in die Kneipe – so lassen sich Laborwerte zum Alkoholstoffwechsel interpretieren. Insgesamt war ein Großteil der Auszubildenden zufrieden bis sehr zufrieden mit ihrer Lebenssituation. Darin spiegelt sich auch der positive Einfluss eines sicheren Arbeitsplatzes auf das Wohlbefinden wider. Schließlich konnten die Auszubildenden einen begehrten Ausbildungsplatz in einem Wunschberuf bei einem renommierten Arbeitgeber ergattern.

Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Forschungsbericht Fb 1072 „Berufsausbildung im Schichtsystem. Auswirkungen auf Gesundheit und Lernverhalten Jugendlicher“; H. Drexler, Th. Baumeister; 68 S.; ISBN 3-86509-520-8; EUR 10,50. Zu beziehen beim Wirtschaftsverlag NW, Postfach 10 11 10, 27511 Bremerhaven, Tel.: 0471/945 44 61, Fax 0471/945 44 88.

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