Erste Ergebnisse des Präventionsprojekts "Zappelphilipp"

Antisoziale Verhaltensweisen haben in den letzten Jahren zunehmend wieder das Interesse auf pädagogische Interventionen gelenkt. Laut Kriminalstatistik der Stadt Mannheim sind 541 Kinder im Alter von 8-13 Jahren im Jahr 2005 tatverdächtig gewesen, jährlich kommen ca. 100 Kinder neu dazu.

Davon werden ca. 10-20 Kinder zu sog. Intensivtätern, die sich durch besonders schwere oder häufige Taten auszeichnen. Die Gruppe der Intensivtäter weist einen hohen Anteil (60%) an Kindern mit hyperkinetischer Störung des Sozialverhaltens auf. Störungen des Sozialverhaltens, die vor dem 10. Lebensjahr auftreten, weisen unbehandelt eine hohe Stabilität auf und können im Erwachsenenalter zu Folgererkrankungen wie Sucht oder Depression führen.

Um frühzeitig intervenieren zu können und betroffenen Familien Hilfestellung zu geben, wurde 2005 das Projekt „Zappelphilipp“ in Kooperation zwischen Polizei und Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) ins Leben gerufen.

Erste Ergebnisse wurden nun der Öffentlichkeit vorgestellt.
Diese neuartige Kooperation hat die Aufgabe, durch Früherkennung etwaiger Störungen und gezielten pädago therapeutischen Maßnahmen in betroffenen Familien Hilfen zur Selbsthilfe zu entwickeln. So soll dem Fortbestehen der Störung entgegen gewirkt werden. Im ZI steht ein fünfköpfiges Team bestehend aus einem Arzt, einer Psychologin sowie 3 Familientrainern zur Verfügung.

Seit Projektbeginn im Oktober 2005 wurden über 30 Familien über das Projekt aufgeklärt. Davon willigten 26 Familien ein, am Projekt teilzunehmen. Insgesamt fünf Familien brachen vor, in und nach der Diagnostik die Maßnahme ab. Von den verbleibenden 21 Familien befinden sich aktuell fünf in der Diagnostikphase, sieben in Behandlung und acht Familien haben die Intensivphase der Behandlung abgeschlossen.

Die ersten Ergebnisse zeigen eine deutliche Symptomreduktion bei oppositionellem und aggressivem Verhalten, ebenso wie bei Hyperaktivität, Impulsivität und Konzentrationsproblemen.

Für die Studie werden noch bis April 2007 Teilnehmer eingeschlossen, die dissoziale und oder hyperaktive Verhaltensmuster zeigen und im Alter zwischen 8 und 13 Jahren sind.

Die Kosten in Höhe von ca. €400.000 für das Projekt werden durch den Verein für Sicherheit in Mannheim (SiMa e.V.) mit €231.000 gefördert, der seinerseits finanzielle Unterstützung durch die Robert-Bosch-Stiftung (€113.000), die Stadt Mannheim (€20.000), die Landesstiftung Baden-Württemberg (€16.000) und die Heinrich-Vetter-Stiftung (€20.000) für dieses Projekt erhält. Der Differenzbetrag wird durch Eigenleistung von Polizeipräsidium Mannheim und dem Zentralinstitut für Seelische Gesundheit erbracht.

Der Projektablauf ist so konzipiert, dass die Eltern beim Polizeikontakt über das Projekt informiert werden und, wenn sie sich einverstanden erklären, eine Kontaktaufnahme zum ZI eingeleitet wird. Hier wird die Familie über die konkreten Inhalte und den Studiencharakter des Projektesaufgeklärt. Entscheidet sich die Familie zur Teilnahme, erfolgt eine ca. 4-wöchige intensive Diagnostik, bestehend aus einem klinischen Interview, Fragebögen, Elektroenzephalogramm (EGG), psychologischer Testdiagnostik.

Die Befunde werden anschließend in einem Auswertungsgespräch erläutert. In diesem Beratungsgespräch wird die Familie nochmals über die Behandlung und Notwendigkeit der aktiven Mitarbeit jedes Familienmitglieds aufgeklärt und die Person des Familientrainers eingeführt.

Die Behandlung erfolgt entgegen sonstiger Behandlungsansätze im häuslichen Umfeld und berücksichtigt nicht nur das Kind, sondern auch die Eltern und letztendlich die ganze Familie. Die Familientrainer erarbeiten mit der Familie in 18 1,5-stündigen Sitzungen theoretische und praktische Grundlagen aus dem Bereich der Verhaltenstherapie und Pädagogik. Grundlage für die Behandlung bildet ein eigens erstelltes Therapiemanual, das auf die speziellen Belange der einzelnen Familien angepasst wird. Um eine optimale Behandlung anhand der familiären Bedürfnisse zu gewährleisten, wird jede Behandlungsstunde von den Familien auf einem kurzen Fragebogen bewertet.

Am Ende der intensiven Behandlungsphase wird erstmals eine Auswertung über verschiedene Verhaltensskalen vorgenommen, um zu schauen, ob sich schon erste Veränderungen messen lassen. In dreimonatigen Abständen erfolgen dann noch drei Auffrischungssitzungen. Danach wird eine vorerst abschließende Evaluation der Maßnahme erfolgen. Die Polizei ihrerseits wird die Aktivitäten der Kinder bis zum 18. Lebensjahr nachverfolgen, um eine langzeitige Wirkung der Maßnahme zu überprüfen.

Weiterführende Informationen erhalten Sie bei:
Dr. med. Marina Martini, M. Sc.
Leitung Referat Öffentlichkeitsarbeit
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
J 5, 68159 Mannheim
Fon: 0621/1703-1301
Fax: 0621/1703-1305
E-Mail: marina.martini@zi-mannheim.de

Media Contact

Dr. med. Marina Martini idw

Weitere Informationen:

http://www.zi-mannheim.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer