Zelltod in Tumoren des Nervensystems auslösen

Das Neuroblastom ist ein bösartiger Tumor der peripheren Nervenzellen. Er tritt besonders häufig im Kindesalter auf. Bei den meisten kleinen Patienten wächst der Tumor schnell – mit ungünstigem Verlauf. Doch in zehn Prozent der Fälle bildet er sich ohne Therapie spontan zurück. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) sind dem Phänomen dieser spontanen Rückbildung auf den Grund gegangen. Dabei haben sie einen Signalweg entdeckt, der ein Angriffsziel für neue Therapiemethoden sein könnte. Die Deutsche Krebshilfe hat das Forschungsprojekt mit 333.000 Euro gefördert.

Die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Manfred Schwab, Leiter der Abteilung Tumorgenetik am DKFZ in Heidelberg, untersucht die genetischen und zellulären Unterschiede zwischen bösartig wachsenden und sich spontan zurückbildenden Tumoren. Im Rahmen des von der Deutschen Krebshilfe geförderten Forschungsprojektes haben die Wissenschaftler dabei einen zellulären Signalweg identifiziert, in dessen Zentrum das so genannte RB-Protein steht. Dieser Signalweg ist in schnell fortschreitenden Neuroblastomen geschwächt, in weniger aggressiven Tumoren hingegen intakt. „Wir vermuten, dass die Krebszellen in Neuroblastomen, die sich von alleine zurückbilden, über diesen Weg Signale erhalten, die den programmierten Zelltod einleiten“, erklärt Dr. Frank Westermann, Kinderarzt und Projektleiter in der Abteilung von Professor Schwab. Drei weitere Gene greifen zusätzlich in die Sensibilisierung für den Zelltod ein: CAMTA1, SOXN und Ataxin-2. Ihre Rolle ist Gegenstand weiterer Untersuchungen.

Der programmierte Zelltod ist ein lebensnotweniger Prozess, der dafür sorgt, dass geschädigte, alte oder nicht mehr benötigte Zellen absterben. In Krebszellen ist dieser Mechanismus, der in der Fachsprache Apoptose genannt wird, in der Regel gestört. Daher sterben die veränderten Zellen nicht, sondern wachsen unkontrolliert weiter. „In gutartigen Neuroblastomen scheint dies anders zu sein: Bei ihnen ist die Apoptose vermutlich über den RB-Signalweg aktiviert“, erläutert Schwab.

Die Forscher wollen nun eine Therapie entwickeln, die diesen Signalweg auch in aggressiven Tumoren wieder anschaltet und so das Krebswachstum bremst. Erste Ansätze in diese Richtung seien außerordentlich vielversprechend verlaufen: „In isolierten Krebszellen ist es uns im Laborversuch bereits gelungen, über diesen Signalweg den Zelltod auszulösen“, erklärt Dr. Hedwig Deubzer, Mitarbeiterin der Klinischen Kooperationseinheit Pädiatrische Onkologie unter der Leitung von Professor Dr. Olaf Witt, mit der Westermann und Schwab im Rahmen des Forschungsprojekts am DKFZ zusammenarbeiten.

„Unser Ziel ist es nun, diesen Therapieansatz weiter zu entwickeln, so dass er möglichst rasch dem Patienten zugute kommt. Doch bis dahin wird es sicher noch eine Weile dauern“, betont Schwab. Ermöglicht wurden diese neuen Befunde vor allem auch wegen der langjährig etablierten klinisch-basiswissenschaftlichen Kooperation mit dem Leiter der Deutschen Neuroblastom-Studiengruppe, Professor Dr. Frank Berthold, Kinderklinik der Universität zu Köln, sowie internationalen Kooperationen mit Wissenschaftlern in Japan und den USA. Diese Kooperationsstrukturen sind eine exzellente Voraussetzung für die rasche Übertragung von Laborbefunden in die Klinik.

Infokasten: Krebs im Kindesalter

In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 1.800 Kinder unter 15 Jahren neu an Krebs. In dieser Altersgruppe ist Krebs besonders bösartig: Die Tumorzellen vermehren sich meistens sehr rasch. Am häufigsten werden Leukämien (Blutkrebs), Tumoren des Gehirns sowie Lymphknotenkrebs diagnostiziert. Mehr als 90 Prozent aller krebskranken Kinder werden in kinderonkologischen Zentren und nach bundesweit einheitlichen Therapiekonzepten behandelt. Die Deutsche Krebshilfe finanziert fast alle derzeit in Deutschland laufenden Therapie-Optimierungs-studien bei Kindern. Diesen Studien ist es zu verdanken, dass heute fast 80 Prozent der betroffenen Kinder ihre Krebserkrankung überleben. Die Deutsche Krebshilfe gibt den allgemeinverständlichen Ratgeber „Krebs im Kindesalter“ heraus, der kostenlos bestellt werden kann: Deutsche Krebshilfe, Postfach 1467, 53004 Bonn, oder im Internet unter www.krebshilfe.de (pdf-Datei).

Projektnummer: 102040

Media Contact

Dr. med. Eva M. Kalbheim idw

Weitere Informationen:

http://www.krebshilfe.de

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