Miniatur-Schirme heilen Kinderherzen

In der Kinderklinik der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist als einer der ersten Patienten in Deutschland ein dreijähriges Kind mit dem so genannten Doppelschirmsystem an einem großen Kammerscheidewanddefekt operiert worden. Bislang wurde diese Methode nur im Vorhof des Herzens eingesetzt, wo der Blutdruck deutlich geringer ist. „Das Doppelschirmsystem verringert nicht nur die OP-Dauer, sondern verhindert auch Spätfolgen, die andere Operationsmethoden verursachen können“, erklärt der behandelnde Kardiologe Dr. Harald Bertram, Abteilung Kinderheilkunde, Pädiatrische Kardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin.

Ein Defekt zwischen den beiden Herzkammern gehört bei Neugeborenen zu einer der häufigsten Fehlbildungen des Herzens. Weil durch das Loch im Herzen zuviel Blut von der linken in die rechte Herzkammer fließt, muss in einer ersten Operation die Lungenschlagader der Kinder eingeengt oder „gebändelt“ werden, um den Blutfluss zu regulieren. Die Operation ist allerdings nur eine Zwischenlösung, das Bändchen muss nach einer gewissen Zeit wieder gelöst werden. Der eigentliche Defekt in der Kammerscheidewand kann dann oft nur mit einem Schnitt durch die linke Herzkammer behoben werden: Ein Eingriff mit erheblichen Folgen. Die Narben im Gewebe ähneln denen, die ein Herzinfarkt verursacht. Mit 18 Jahren haben die Herzen der Kinder dann nur noch die Pumpleistung eines 55-Jährigen.

Der eingesetzte Okkluder oder Doppelschirm verhindert diesen Effekt. Im Teamwork von Kardiologe und Herzchirurg erfolgt die Operation durch die rechte Herzkammer. Wenn der Chirurg das Bändchen um die Lungenschlagader gelöst hat, schiebt der Kardiologe die Schirmchen mit einem Katheter an ihren Zielort zwischen den Herzkammern, wo sie sich auf beiden Seiten des Loches anpassen und es sicher und komplett verschließen. Das Metallgeflecht ist korrosionsstabil, an den Gore-Tex-Fasern des Schirmchens kleben sich die Blutzellen förmlich an, bis die Fasern schließlich von der Herzinnenhaut überwachsen sind. Der Eingriff dauert eine halbe Stunde, die klassische OP kann bis zu vier Stunden dauern. Narbenbildung gibt es bei dieser auch „Hybrid-Intervention“ genannten OP-Methode nicht, weil der Schnitt durch die linke Herzkammer ganz entfällt, die Kinderherzen können sich wesentlich unbelasteter weiterentwickeln. Die Operationsmethode soll beständig weiterentwickelt werden, so dass die erste Operation zur Verengung der Schlagader in Zukunft überflüssig wird.

Weitere Informationen gibt Ihnen gern Dr. Harald Bertram, Abteilung Kinderheilkunde, Pädiatrische Kardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Telefon (0511)- 532-6751 (Sekretariat Professor Wessel).

Media Contact

Stefan Zorn idw

Weitere Informationen:

http://www.mh-hannover.de/

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