Wieder laufen lernen mit dem HapticWalker

Jährlich erleiden allein in Deutschland über 200.000 Menschen einen Schlaganfall. Die Mehrzahl von ihnen muss danach mit Lähmungen bis hin zu einem vollständigen Verlust der Willkürmotorik zurechtkommen, bleibt auf einen Rollstuhl und bei nahezu allen Verrichtungen des täglichen Lebens auf die Unterstützung durch Pflegekräfte angewiesen.

Die einzige Chance, die Konsequenzen einer Schädigung des zentralen Nervensystems zu verringern, die auch durch ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine Querschnittslähmung verursacht wird, besteht in einer frühzeitig begonnenen und konsequent durchgeführten Übungsbehandlung: Alltägliche Bewegungen wie Laufen und Treppensteigen, aber auch Greifen, Essen, Trinken und Schreiben müssen neu erlernt werden. Dies ist möglich, da gesunde Areale in Gehirn und Rückenmark in der Lage sind, die ausgefallenen Funktionen schrittweise zu übernehmen.

Beim Gangtraining muss ein Patient von zwei bis drei Therapeuten gestützt und angeleitet werden. Sie führen seine Beine und Füße gemäß der natürlichen Gangbewegung. Synchron dazu stützen und führen sie den Oberkörper. Und dies nur auf einer geraden Ebene. Das Treppensteigen zum Beispiel kann aus praktischen Gründen heute nicht trainiert werden.

Hier setzen moderne Rehabilitationstechnologien an: Die neueste Entwicklung einer interdisziplinären Berliner Forschungsgruppe ist der robotergestützte Laufsimulator HapticWalker. Mit einem solchen robotergestützten Gerät kann der Patient Gehfähigkeit und Armbewegungen unter Kontrolle bringen und im Beisein eines Physiotherapeuten beliebig oft und mit stets korrekter Bewegungsführung üben.

Der HapticWalker erlaubt erstmalig weltweit beliebige Gangbewegungen mit der erforderlichen vollständigen Führung des Fußes. Der physiologische Gang wird dabei naturgetreu nachgeahmt. Auch das therapeutisch wichtige Stolpern oder Ausrutschen kann durch die hohe Dynamik der Antriebe geübt werden. Je nach Lernfortschritt sorgen neuartige haptische Regelalgorithmen zudem dafür, dass die Unterstützung des Patienten immer mehr reduziert wird.

Verschiedene internationale klinische Studien haben bereits die Wirksamkeit robotergestützter Trainingsgeräte nachgewiesen: Die Ergebnisse sind denen der konventionellen Therapie mindestens gleichwertig, mit einigen lassen sich sogar signifikant bessere Erfolge erzielen. Derzeit wird über die Verbindung mit telemedizinischen Lösungen sowie über die Integration von Virtual Reality nachgedacht.

In der interdisziplinären Berliner Forschungsgruppe „HapticWalker“ arbeiten Ärzte, Ingenieure, Informatiker und Physiotherapeuten der Charité, von Fraunhofer IPK sowie der TU Berlin. Sie entwickelt und erprobt seit sieben Jahren robotergestützte Übungsgeräte für die motorische Arm- und Gangrehabilitation. In der Arbeitsgruppe Rehabilitationstechnologien des Zentrums für innovative Gesundheitstechnologie (ZiG) kooperieren Mitglieder dieser Gruppe mit weiteren TU-Beteiligten und suchen nach weiteren zukunftsträchtigen Lösungen.

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr.-Ing. Marc Kraft, Zentrum für innovative Gesundheitstechnologie an der TU Berlin, Fachgebiet Medizintechnik, Ernst-Reuter-Platz 7, 10587 Berlin, Tel.: 030/314-23388 (Sekretariat), E-Mail: marc.kraft@tu-berlin.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer