Forscher entschlüsseln neuen Signalweg des angeborenen Immunsystems

Abwehr gegen Pilze

Zwei Abwehrtruppen schützen den Körper vor fremden Eindringlingen wie Viren, Pilze und Bakterien: das angeborene und das erworbene Immunsystem. Während über das erworbene Immunsystem bereits einiges bekannt ist, sind die Mechanismen des evolutionsgeschichtlichen älteren angeborenen Immunsystems weniger gut verstanden. Es hat sich bereits vor 1,5 Milliarden Jahren entwickelt und kommt beispielsweise zum Einsatz, wenn wir von einer Pilzinfektion heimgesucht werden.

Gefahr für Krebspatienten

Während der gesunde Mensch eine Pilzinfektion meist unbeschadet übersteht, kann sie bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem tödlich verlaufen. Besonders gefährdet sind Tumorpatienten, die eine aggressive Chemotherapie erhalten. Da die Zahl der Pilzinfektionen in den letzten Jahrzehnten auch aufgrund der Immunschwäche Aids weltweit dramatisch angestiegen ist, suchen Mediziner nach neuen Wirkstoffen im Kampf gegen die Pilze. Vorraussetzung für die Entwicklung neuer Medikamente ist jedoch ein besseres Verständnis der Immunantwort des angeborenen Immunsystems.

Dazu haben nun Jürgen Ruland und sein Team von der III. Medizinischen Klinik im Klinikum rechts der Isar der TU München beigetragen. In ihrem von der Deutschen Krebshilfe unterstützten Forschungsprojekt untersuchten sie mithilfe eines Mausmodells, wie die Immunzellen eine Pilzinfektion abwehren.

Signalkaskade mit CARD9

Einen Angriff durch Pilze erkennt die angeborene Immunabwehr unter anderem anhand eines Bestandteils der Zellmembran der Pilze, des Zymosans. Dafür steht den Immunzellen ein spezieller Rezeptor zur Verfügung, der Dectin-1-Rezeptor, der auf das Zymosan-Muster reagiert. Die Wissenschaftler vom Klinikum rechts der Isar haben den molekularen Mechanismus identifiziert, über den der Dectin-1-Rezeptor die Immunreaktion auslöst.

Als Schlüsselprotein fungiert dabei das Adaptermolekül CARD9. CARD9 koppelt sich an Bcl10 und reguliert über einen Bcl10/Malt1-Komplex den Transkriptionsfaktor Nuclear Factor-kappaB, der die Immunantwort einleitet (siehe Abbildung). Dabei handelt es sich um einen neuen Signalweg, der unabhängig vom erworbenen Immunsystem agiert. Auf die Idee, sich das Protein CARD9 näher anzuschauen, kamen Ruland und Kollegen, weil sie wussten, dass CARD9 in Patienten mit Lymphknotenkrebs überaktiviert ist.

Neuer Therapieansatz

Das Forscherteam vermutet, dass eventuell auch andere Infektionserreger über den CARD9-Signalweg bekämpft werden könnten und dass eine Überaktivierung der Signalkaskade eine Rolle bei der Entstehung von bösartigen Immunzelltumoren spielt. „Im Moment versuchen wir noch weitere Details über den CARD9-Signalweg herauszufinden“, berichtet Jürgen Ruland. „Gelingt uns dies, haben wir die Möglichkeit gezielt Medikamente zu entwickeln, die Defekte der angeborenen Immunantwort kompensieren und Infektionen verhindern. Darüber hinaus ist es vorstellbar, die CARD9/BCL10/MALT1 Signalkaskade zu blockieren, um das Wachstum von Tumoren zu verhindern.“

Falls Sie weitere Informationen, Bildmaterial oder ein Interview wünschen, wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Klinikums rechts der Isar, Tel.: 089 4140 2046, huebener@chir.med.tu-muenchen oder direkt an Jürgen Ruland, Tel.: 089 4140 4112, jruland@lrz.tu-muenchen.de.

Auf Anfrage schicken wir Ihnen auch gerne eine vereinfachte Schemazeichnung des neuen Signalwegs zu.

*Nature, aktuelle Online-Ausgabe
Card9 controls a novel non-TLR signaling pathway for
innate anti-fungal immunity
Olaf Gross1, Andreas Gewies1, Katrin Finger1, Martin Schaefer2, Tim Sparwasser2,
Christian Peschel1, Irmgard Förster2 & Jürgen Ruland1
1 III. Medizinische Klinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München,
Ismaninger Str. 22, 81675 Munich, Germany.
2 Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene, Technische
Universität München, Trogerstr. 30, 81675 Munich, Germany

Media Contact

Dr. Fabienne Hübener idw

Weitere Informationen:

http://www.med.tu-muenchen.de

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