Genitale Chlamydien weniger schädlich als angenommen

Nutzen von teuren Chlamydientests in Zweifel gezogen

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Nicola Low des Instituts für Präventiv- und Sozialmedizin der Universität Bern hat entdeckt, dass eine genitale Chlamydieninfektion bei jungen Frauen seltener zu ernsthaften Komplikationen führt, als bisher angenommen wurde. In nur 2,7 Prozent der Fälle folgt auf eine genitale Chlamydieninfektion eine Eileiterschwangerschaft. Das Risiko der Unfruchtbarkeit liegt bei 6,7 Prozent. Diese Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Online-Fachzeitschrift Sexually Transmitted Infektions veröffentlicht.

Chlamydien sind Bakterien, die Erkrankungen der Schleimhäute im Bereich der Augen, der Atemwege und im Genitalbereich auslösen. Sie sind die häufigste Ursache für vermeidbare Erblindung in den ärmsten und entferntesten Gebieten der Welt und sexuell übertragener Erkrankungen. In fast 80 Prozent der Fälle verläuft die Erkrankung ohne Symptome. Nichtentdeckung kann zu chronischen Entzündungen von Harnröhre, Gebärmutter oder Eileiter führen. Gemäß neueren Studien heilt die Infektion aber bei rund der Hälfte der Patientinnen von alleine, ohne bleibende Schäden zu hinterlassen.

Das Forscherteam fand nun heraus, dass eine frühere Chlamydieninfektion das Risiko für ungewollte Kinderlosigkeit oder Schwangerschaftskomplikationen zwar erhöht, aber dass diese Folgen weit weniger häufig auftreten, als frühere Untersuchungen vermuten lassen. Diese Erkenntnis geht aus einer langjährigen Kohortenstudie hervor, in der im schwedischen Uppsala zwischen 1985 und 1989 44.000 Frauen im Alter von 15 bis 24 Jahren auf Chlamydien getestet wurden. Bis 1999 wurden die Frauen auf eventuelle Folgen einer früheren Chlamydieninfektion untersucht.

Eine Chlamydieninfektion kann mittels verschiedener, teurer Testverfahren nachgewiesen werden. Eine davon ist der Nachweis von Bakterien durch Anzucht in speziellen Zellkulturen. „Eine niedere Rate von Chlamydien-Komplikationen ist eine erfreuliche Nachricht für die einzelne Patientin, aber damit stellt sich jedoch auch die Frage nach den Kosten und dem Wert heutiger Testverfahren“, stellt Low fest. Der Nutzen von regelmäßigen Chlamydientests sei bisher wohl überschätzt worden. Es werde eine neue realistische Einschätzung der Art und Häufigkeit von Chlamydien-Tests gebraucht.

Angelika Stary, Fachärztin für Haut- und Geschlechtserkrankungen und Leiterin des Ambulatoriums für Pilzinfektionen in Wien, teilt diese Meinung nicht. „Die international herrschende Auffassung ist, dass Frauen sehr regelmäßig auf Chlamydien kontrolliert werden sollten. So empfehlt das amerikanische Center for Disease Control http://www.cdc.gov eine alljährliche Untersuchung für alle jungen Frauen“, erklärt Stary im pressetext-Gespräch. Die allgemeine Annahme sei, dass Chlamydien in einem beträchtlichen Ausmaß zu Infertilität führen. „Man muss mit solchen Schlussfolgerungen daher sehr vorsichtig sein“, so Stary abschließend gegenüber pressetext.

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Reanne Leuning pressetext.austria

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